: Gefährliche Kisten aus Übersee
Viele Import-Container im Hafen wurden, bevor sie auf See gingen, mit giftigen Gasen behandelt. Oft dünstet auch die Ware Schadstoffe aus. Neue Studie des Zentralinstituts für Arbeitsmedizin
VON JULIA BRODERSEN
In Import-Containern finden sich weniger Giftgase zur Schädlingsbekämpfung als noch vor ein paar Jahren. Trotzdem ist das Risiko, sich beim unbedachten Öffnen eines Containers zu vergiften, nicht geringer geworden. Das geht aus einer Studie hervor, die das Zentralinstitut für Arbeitsmedizin (ZfA) gestern vorstellte. Zusätzlich zu den Schädlingsbekämpfungsmitteln fanden die Forscher der TU Harburg giftige Ausdünstungen, die aus den Waren selbst stammten.
Am häufigsten waren Container mit Schuhen und Textilien aus Fernost mit Begasungsmittelresten und toxischen Industrie-Chemikalien verunreinigt. Inwieweit die Gase sich in den einzelnen Produkte festsetzen, ist nicht bekannt. „Der Weg vom Container zum Verbraucher ist sehr lang“, sagte Detlef Boels vom Amt für Arbeitsschutz.
Er wies darauf hin, dass vor allem die Gesundheit des Abfertigungspersonals und der Empfänger der Ware bedroht ist. „Das erstmalige Öffnen stellt das größte Risiko für den Betroffenen dar“, sagte Boels, „Das ist besonders hoch, wenn der Container nicht als begaste Einheit gekennzeichnet ist.“ Normale Hafenarbeiter oder Seeleute seien eher nicht gefährdet. Sie öffneten die Container ja nicht.
Im Rahmen der aktuellen Studie wurden 2.111 Import-Container, die nicht als begast gekennzeichnet waren, untersucht. Mit neuen Messgeräten wurden Proben der Luft in den Boxen genommen. Bei etwa 3,5 Prozent der analysierten Container fanden die Forscher weit mehr Begasungsmittelrückstände, als zulässig sind. So lagen Substanzen wie Phosphorwasserstoff 27-mal und Brommethan achtmal über dem Richtwert.
„In der Hälfte der Fälle ist eine Begasung absolut nicht notwendig“, sagte Xaver Baur, Leiter des Zentralinstituts für Arbeitsmedizin (ZfA). Für die Schädlingsbekämpfung gebe es mehrere Alternativen wie die Hitzebehandlung oder Sauerstoffreduktion in den Containern. Diese seien jedoch aufwendiger und blieben daher weltweit unbeachtet.
Überraschend war der auffällig hohe Nachweis von giftigen Industrie-Chemikalien. Diese werden nicht zur Begasung verwendet, sondern entstehen bereits bei der Produktion. Der Grenzwert bei toxischen Industrie-Chemikalien wurde bei 14 Prozent der untersuchten Container überschritten. Besonders hoch waren die gemessenen Werte bei Benzol, das als krebserregend gilt. Baur erkennt in diesen Dämpfen eine besonders starke Gesundheitsgefahr: „Bei der Ausgasung toxischer Industriechemikalien aus den Produkten handelt es sich um ein weltweites Problem, über das man noch zu wenig weiß.“
Im Vergleich zu einer Rotterdamer Studie von 2002 lagen die Grenzwertüberschreitungen von Begasungsmitteln um etwa 50 Prozent niedriger. „Die Differenzen der festgestellten Grenzüberschreitungen sind ein Hinweis darauf, dass international seit dem Jahr 2002 bei der Begasung von Containern Konsequenzen gezogen worden sind“, sagte Baur, „Begasungsmittel werden möglicherweise seltener eingesetzt oder die Container entsprechend belüftet.“
Das Amt für Arbeitsschutz der Gesundheitsbehörde berät Betriebe der Hafenwirtschaft, des Speditionswesens und des Großhandels seit mehreren Jahren über den Umgang mit den gasgefüllten Boxen, die in den meisten Fällen nicht gekennzeichnet sind. Die Internationale Seeschifffahrts-Organisation (IMO) hat zwar vorgeschrieben, dass begaste Container gekennzeichnet werden müssen, verhängt jedoch keine Sanktionen. Es ist deshalb wichtig, dass die Import-Betriebe ihre Mitarbeiter vor der Gesundheitsgefahr durch die Container warnen.