: Freiheitskämpfer des Kinos
Langsam marschieren die Arbeiter auf die Soldaten zu. Eine Reihe nach der anderen bricht unter den Schlagstöcken zusammen. Frauen tragen die bewusstlosen Körper zur Seite, schaffen Platz für die Nächsten, die bereit sind, sich gegen die britischen Besatzer aufzulehnen. Der schmächtige Mann, der den Marsch anführt, ist jedoch nicht nur Symbol des indischen Freiheitskampfes, sondern zugleich eine Ikone des gewaltfreien Widerstands.
Mit „Gandhi“ inszenierte Richard Attenborough 1982 seinen bekanntesten Film, für den er acht Oscars, darunter für die beste Regie und den besten Film, erhielt. Das monumentale Epos war die Krönung einer Karriere, die für den 1923 geborenen Briten als Schauspieler begann und die stets mit dem Kampf um politische und individuelle Freiheit verknüpft war.
Viele seiner kleinen Leinwandauftritte in den 1950er Jahren standen im Zeichen des Glaubens an eine Welt, die den Schrecken des Krieges hinter sich lassen möchte, und selbst in Basil Deardens Kriminalfilm-Klassiker „The League of Gentlemen“ (1960), in dem er als enttäuschter Offizier eine Bank um eine Million Pfund erleichtert, dominieren Humor und Raffinesse über rohe Gewalt. Nach dem ausgeklügelten Einbruch folgte ein ebensolcher Ausbruch aus einem deutschen Kriegsgefangenenlager in John Sturges’ „The Great Escape“ (1963), und in Robert Aldrichs „The Flight of the Phoenix“ (1965) kämpfte er an der Seite von James Stewart um eine ebenso scheinbar unmögliche Flucht aus der Wüste.
Diese physischen Grenzüberschreitungen verknüpfte Attenborough in seinen Rollen, aber auch in seinen späteren Regiearbeiten stets mit der Idee von Selbstüberwindung: Erst das Zusammenwirken von körperlicher und geistiger Beweglichkeit erlaubt ein Vorwärtskommen. Und wie in „Gandhi“ gilt es einen ersten Schritt zu setzen, dem andere folgen können.
Noch in „Cry Freedom“ (1987) verfilmte Attenborough mit Denzel Washington die Geschichte des Südafrikaners Steve Biko, der seinen Einsatz für die Rechte der Schwarzen mit dem Leben bezahlte.
Lord Richard Attenborough ist am Sonntag im Alter von 90 Jahren verstorben. MICHAEL PEKLER