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Archiv-Artikel

Berlusconi-Revival

Wieder einmal steht Italiens einstiger Ministerpräsident in Mailand wegen Korruption vor Gericht – und spielt auf Zeit

ROM taz ■ Erneut steht Silvio Berlusconi in Mailand wegen Bestechung vor Gericht. Gestern begann die Hauptverhandlung gegen den Medienunternehmer und seinen Mitangeklagten, den britischen Rechtsanwalt David Mills; beide erschienen nicht.

Berlusconi soll 1997 Mills mit über 600.000 US-Dollar geschmiert haben, damit der seinerzeit von der Mailänder Staatsanwaltschaft als Zeuge vorgeladene Anwalt kompromittierendes Wissen über Berlusconis geheimes Netz von Auslandsfirmen „All Iberian“ für sich behielt. Dessen Aufbau hatte Mills mit juristischem Rat begleitet. Berlusconi hatte immer behauptet, von der „All Iberian“ wisse er nichts. In jenem Firmennetz aber verschob er über Jahre hinweg hunderte Millionen Euro.

Während die Verfahren in der Hauptsache alle wegen Verjährung im Sande verliefen, kamen die Ermittlungsbehörden auf die Spur der Absprachen zwischen Mills und Berlusconi: Mills hatte in einem Brief an seinen Steuerberater den Eingang von gut 600.000 Dollar offenherzig damit gerechtfertigt, dass er in Berlusconis Auftrag die Staatsanwälte angelogen hatte. Zunächst hatte er auch in den ersten Vernehmungen zur Sache bestätigt, dass er die Summe als Schweigegeld erhalten hatte. Später jedoch zog er diese Version zurück.

Wie üblich stellt Berlusconi das Verfahren gegen ihn als politisch motiviert dar. Und wie üblich werden die Verteidiger systematisch auf Zeit spielen. Eines der wichtigsten Justizgesetze aus Berlusconis Regierungsjahren hat die Verjährungsfristen für nicht vorbestrafte Angeklagte verkürzt; 2008 darf Berlusconi deshalb darauf hoffen, dass der Prozess wieder eingestellt wird.

Mit einem früheren Prozess-Ende ist auf keinen Fall zu rechnen. Die Verteidiger haben 146 Zeugen benannt und werden die Richter mit Verfahrensanträgen überhäufen. Aus dem Verteidigerteam hieß es schon, die inkriminierte Zahlung sei im Ausland erfolgt – da müsse der Prozess halt „im Ausland“ stattfinden.

MICHAEL BRAUN