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Archiv-Artikel

„Es fehlt die Anerkennung“

WELTTAGSPOLITIK Eine Bremer Initiative drängt die UN, den 27. 8. als Welttag der Welttage auszurufen

Von BES
Leocadia von Trolberg

■ 43, Direktorin des Instituts für Kalenderforschung und Vorsitzende des Vereins für die UN-Anerkennung des 27. 8. als Welttag des Welttags.

taz: Frau von Trolberg, gibt es nicht zu viele Welttage?

Leocadia von Trolberg: Unsinn! Wenn Sie sehen, dass, zumal aus laizistischer Perspektive, im Jahr 364 Tage zur Verfügung stehen, die UN bislang aber erst 70 Welttage benannt hat, kann man nicht davon sprechen, dass es zu viele wären …

Darüber wird aber oft geklagt – und über die quatschigen Anlässe: Wer bräuchte zum Beispiel einen Weltzugvogeltag?

Sie hassen wohl Zugvögel?

Nein, aber …

Dann verstehe ich Ihren Einwand nicht. Das Problem ist doch, wir haben durch ein Missgeschick oft doppelte Welttage am selben Datum – etwa am 20. 11., dem Welttag der Industrialisierung Afrikas und dem der Kinderrechte. Das ist ein Wildwuchs, der möglicherweise den Eindruck erzeugt, es gäbe ein Gedränge oder gar zu viele Welttage. Genau darauf reagiert aber unsere Forderung.

Sie wollen den Welttag der Welttage einführen.

Nein. Der 27. August ist bereits der Welttag der Welttage.

Aber?

Es fehlt die offizielle Anerkennung durch die UN. Daran arbeiten wir, die ist unser Ziel.

Wie stehen die Chancen?

Aus meiner Sicht ist die UN momentan in dieser Frage unter Druck. Schließlich befinden wir uns in der mittlerweile dritten Dekade für die Beseitigung des Kolonialismus, während sich die weltweite Dekade für nachhaltige Bildung dem Ende zuneigt: Hier könnten wir eine Art Scharnierfunktion übernehmen.

Wie meinen Sie das?

Indem wir einen Anlass bieten, das Welttags- und Dekadenwesen, ihre Organisation und ihren inneren Zusammenhang zu reflektieren. Fast nur am Welttag der Welttage ist es ja möglich, zu sagen: Schaut her, wir befinden uns nicht nur in der Antikolonialismus-Dekade Numero drei, sondern auch im Internationalen Jahr der kleinen Inselentwicklungsländer.

Faszinierend.

Nicht wahr? Und wer sich diese Koinzidenz einmal vor Augen geführt, und, meinetwegen auch kritisch über die postkolonial-eurozentristische Ausrichtung der bisher benannten Welttage nachgedacht hat, der vergisst das sobald nicht. Und schon wäre er damit nachhaltig gebildet – was mir sehr im Sinne der Bildungs-Dekade zu sein scheint.

Und aus welchem Grund eignet sich der 27. 8. dafür?

Ist doch klar: Abgesehen davon ist der 27. 8. ein unbeschrienes Blatt im Kalender, das man sonst nur bis zum 19. 11. aufheben könnte, um es dann am Welttoilettentag ins Klo runter zu spülen. Auch hier in Bremen – da gibt es irgendwelche konfusen Esoterik-Seminare, Klangschalenmeditationen und Geistheilerworkshops – und das war’s.

Begeht nicht Moldawien seinen Nationalfeiertag?

Da haben Sie Recht – aber das gilt auch nur noch, solange Wladimir Putin das hinnimmt.

INTERVIEW: BES

Offenes Strategietreffen, 5.45 Uhr, Stromer Landstraße 301