: Nachspiel zum Polizeieinsatz
SCHWEDEN Das brutale Vorgehen der berittenen Polizei in Malmö gegen Demonstranten sorgt für große Empörung. Jetzt ermittelt der Staatsanwalt
AUS STOCKHOLM REINHARD WOLFF
„Der Chirurg sagt, dass ich den Finger nie mehr richtig bewegen kann.“ Mehdi hat Verletzungen und blaue Flecken im Gesicht und am ganzen Körper, ein Arm und eine Hand sind bandagiert. Mehrere Polizeipferde trampelten über ihn hinweg. Dabei wurde auch sein Hodensack von Hufen getroffen und platzte auf. Mir blieb die Luft weg, es hat verdammt wehgetan. Der Hodensack musste mit sechs Stichen genäht werden. Ein Handchirurg will versuchen, so viel an Beweglichkeit wie möglich für seinen kompliziert gebrochenen Finger zu retten. Mehdi ist 50 Jahre alt, Vater von zwei Kindern und will nicht, dass sein Nachname oder Foto in der Zeitung erscheint. Er ist eines der Opfer des brutalen Einsatzes der schwedischen Polizei am Wochenende in Malmö.
Die Polizei hat sich mittlerweile entschuldigt. Von einem misslungenen Einsatz spricht die stellvertretende Einsatzchefin Susanna Trehärning. Und sie gibt auch zu, dass die Polizei gelogen habe, als sie zunächst versuchte, den brutalen Einsatz mit berittener Polizei auf angebliche Gewaltanwendung seitens der DemonstrantInnen zu schieben. Die hatte es nämlich nicht gegeben, wie die rund zwei Dutzend anwesenden JournalistInnen übereinstimmend bestätigten.
Justizministerin Beatrice Ask fordert eine Untersuchung und auch die Staatsanwaltschaft wird sich mit dem Einsatz beschäftigen. Eine Strafanzeige wegen Körperverletzung und versuchtem Totschlag wurde von über 4.700 Personen unterschrieben. Bildsequenzen von Fotojournalisten zeigen, wie ein Polizeibus einen gezielten Schwenk machte, um einen friedlich auf der Straße stehenden Demonstranten umzufahren. Dem Mann wurde dabei ein Bein gebrochen. Am Dienstag erklang bei der Kundgebung der Neonazis vom Glockenspiel des Rathauses der Stadt Norrköping demonstrativ die Filmmusik von „Schindlers Liste“. Im ganzen Land sind viele Kirchengemeinden dazu übergegangen, während der Veranstaltungen der Neonazis die Glocken läuten zu lassen. Glockenläuten ist ein traditionelles Signal für Gefahr im Verzug.