piwik no script img

Archiv-Artikel

Das Wort mit K

RATLOSIGKEIT Krieg oder Konflikt? In der Bewertung der Lage in der Ukraine herrscht in Berlin Uneinigkeit. Die meisten sind sich aber einig: Weitere Sanktionen sind nötig. Linke und Grüne fordern mehr Dialog

BERLIN taz | Angesichts der Berichte vom Vordringen russischer Truppen auf ukrainisches Territorium äußerten sich am Donnerstag PolitikerInnen aller Bundestagsfraktionen. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, Norbert Röttgen (CDU), forderte zusätzliche Sanktionen gegen Russland. Über diese müsse der am Samstag stattfindende EU-Sondergipfel beraten.

„Wir haben jetzt die Situation, die steht inzwischen fest, dass Russland außerhalb des bisherigen Gebietes mit eigenen Kräften, mit Panzern und Soldaten militärisch in der Ukraine präsent ist“, sagte Röttgen. Zögerlichkeit werde vom russischen Präsidenten nur als Schwäche der Europäer ausgelegt.

Während der CDU-Außenpolitiker Karl-Georg Wellmann von einem offenen Krieg Russlands gegen die Ukraine sprach, bezeichnete Vizefraktionschef Andreas Schockenhoff den Konflikt als „unerklärten Krieg“.

Unterdessen forderte Linke-Fraktionschef Gregor Gysi „international und in der Ukraine auch national ernst zu nehmende Gespräche und Verhandlungen“. Alle müssten nun auf Deeskalation setzen. Die zurückliegenden Monate hätten gezeigt, dass die Veto-Mächte im UN-Sicherheitsrat keinen Willen zur Deeskalation in diesem Konflikt erkennen ließen. Durch ihre Politik werde die militärische Gewalt gegen die Bevölkerung noch „befeuert“.

Ähnlich bewerteten die Grünen die Lage. Die AußenpolitikerInnen Marieluise Beck und Manuel Sarrazin erklärten, die Bundesregierung und die EU müssten sich auf eine klare Botschaft an den Kreml einigen. „Der Kreml muss spüren, dass diese weitere Aggression gegenüber der Ukraine einen hohen Preis hat und auch Russland schadet.“ Sie forderten umfassende Sanktionen bei gleichzeitigem Dialog.

SPD-Vizefraktionschef Rolf Mützenich sagte gegenüber Reuters, neben weiteren Sanktionen solle auch bewertet werden, ob sich aus den bisherigen Einschränkungen „eine Debatte in Russland entwickelt“ habe. In den letzten Tagen hätten mehrere russische Oligarchen öffentlich die Politik des Kreml hinterfragt. „Hier könnten sich erste Absetzbewegungen andeuten.“

Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte in einer ersten Stellungnahme am Abend, die Europäische Union werde über weitere Sanktionen gegen Russland beraten. Noch tags zuvor hatte Angela Merkel mit Russlands Präsident Wladimir Putin telefoniert – und Aufklärung über die Berichte zu russischen Soldaten in der Ukraine verlangt. ANJA MAIER