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Archiv-Artikel

Vorreiter neoliberaler Umgestaltung

betr.: „Wir sind nicht zuständig“, taz vom 14. 3. 07

Es hat mich ehrlich gesagt überrascht, dass die taz Lobbygruppen wie dem „Aktionsrat Bildung“ die Möglichkeit gibt, ihre neoliberale Propaganda auch in dieser Zeitung zu verbreiten. Allein die Zusammensetzung dieses „Gremiums“ sagt schon alles über die Zielrichtung aus: Eine bunte Mischung aus natürlich nur aufs Gemeinwohl bedachten Unternehmern und selbst ernannten „Experten“ – unter anderem FU-Präsident Dieter Lenzen, der dafür gesorgt hat, dass diese Uni eine Vorreiterrolle in der neoliberalen Umgestaltung des Hochschulwesens eingenommen hat – hat einen genialen Plan ausgetüftelt, um das Bildungssystem zu verbessern.

Euphemistisch formuliert verspricht der „Aktionsrat“ mehr Freiheit für die Schulen in Bezug auf Lehrplaninhalte, was auf eine völlige Ausrichtung der schulischen Bildung nach marktwirtschaftlichen Prinzipien hinausläuft. Nicht verwertbare Unterrichtsinhalte, seien es Ethik, Politik, Musik, Kunst oder ähnliche Fächer, würden aus Rentabilitätsgründen gestrichen oder extrem verkürzt. Dass LehrerInnen nur noch in befristeten Verhältnissen arbeiten sollen, passt nur zu gut dazu. An der FU ist das leider schon längst Realität, wenn die Person nicht gerade zur privilegierten ProfessorInnenkaste gehört.

Kurios mutet es auch an, dass der Mangel an hoch qualifizierten Menschen beklagt wird, wobei doch gerade Zusammenschlüsse wie die Initiative „an morgen denken“, wo Lenzen auch Mitglied ist (neben anderen Unirektoren und Unternehmen), Studiengebühren und Zulassungsbeschränkungen fordert, was immer mehr Menschen den Weg zum Studium verbaut.

Schlichtweg dreist ist aber der Finanzierungsplan für das Programm. Einerseits fordert der „Aktionsrat“ mehr Einfluss der Wirtschaft auf die Schulen, die Bezahlung ist aber natürlich „eine staatliche Aufgabe“ (Rodenstock), weil die Wirtschaft „nicht für Schulen zuständig“ sei. Und dieses Geld kann – wie so oft – hervorragend aus dem überquellenden Budget für Soziales genommen werden, damit die Privatwirtschaft jedes Jahr vom Staat einen neuen Schwung perfekt konditioniertes und nach ihren Bedürfnissen ausgebildetes Humankapital vorgesetzt bekommt. ROBIN LEMKE, Borgsdorf

Die Redaktion behält sich Abdruck und Kürzen von LeserInnenbriefen vor. Die veröffentlichten Briefe geben nicht unbedingt die Meinung der taz wieder.