: Deutschland droht jetzt mit verstärkten Grenzkontrollen
MIGRANTEN II Bundesregierung: Roms Visa-Pläne für Flüchtlinge aus Nordafrika sind eine Erpressung
BERLIN taz | Muss Deutschland solidarisch sein mit Italien, das sich mit den Flüchtlingen aus Nordafrika überfordert glaubt? Bislang bleibt die Bundesregierung hart. „Italien ist am Zug“, sagte Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) am Montag. Flüchtlingsströme seien ein gesamteuropäisches Problem. „Aber es gibt innerhalb der gesamteuropäischen Solidarität die Notwendigkeit, dass jedes Land seiner Verantwortung gerecht wird“, so Friedrich.
Etwa 26.000 Flüchtlinge sind seit Beginn der Umwälzungen in der arabischen Welt in Italien angelandet. Rom will, dass andere EU-Staaten auch Flüchtlinge aufnehmen. Weil sich diese bislang verweigern, hat Italien angekündigt, Flüchtlingen befristete Aufenthaltspapiere auszustellen, mit denen sie auch in andere EU-Länder einreisen könnten.
In der Union stößt das Verhalten Italiens auf Unverständnis. „So kann man in Europa nicht miteinander umgehen“, sagte der CDU-Innenexperte Reinhard Grindel der taz. „Die Größenordnung ist für Italien absolut zu bewältigen.“
Sollten mit italienischen Visa ausgestattete Flüchtlinge nach West- und Zentraleuropa weiterreisen, will Deutschland mit verstärkten Grenzkontrollen reagieren. „Wir werden situationsangepasst unsere Kontrollen verstärken“, sagte Friedrich. Seine Länderkollegen Boris Rhein (Hessen, CDU) und Joachim Herrmann (Bayern, CSU) hatten am Wochenende die Wiedereinführung von Grenzkontrollen ins Gespräch gebracht.
Aber selbst in der Union gilt eine Aussetzung des Schengen-Systems als Ultima Ratio. Auch Innenexperte Grindel will das vermeiden. Eine Aussetzung sei nur zeitlich begrenzt möglich und böte keine langfristige Lösung, zudem seien „die Reisewege vielfältig“, so Grindel. Zunächst solle „harter politischer Druck“ auf Italien ausgeübt werden. Die Visa-Pläne der Italiener seien „rechtswidrig“ und eine „klare Erpressung der anderen EU-Länder“.
Von der harten Linie der Bundesregierung könnte es allerdings weitere Ausnahmen geben. Innenstaatssekretär Ole Schröder sagte dem SWR, unter bestimmten Voraussetzungen sei Deutschland bereit, Bürgerkriegsflüchtlinge aus Libyen aufzunehmen. NIKLAS WIRMINGHAUS