: Ryanair bringt viel Lärm und CO2
Umweltschützer und lärmgeplagte Anwohner kritisieren die Folgen des Billig-Fliegers Ryanair. Flughafen hofft, mit Ryanair seine Verluste mindern zu können
Von KLAUS WOLSCHNER
Heute feiert der Flughafen den Beginn des Ryanair-Zeitalters. Nach dem schlechten Jahresergebnis für 2006 – eine Millionen Euro Verlust – hofft die Flughafen-GmbH auf steigenden Umsatz. Einziger Wachstums-Zweig sei die Niedrigpreis-Fliegerei, sagt Flughafen-Sprecher Dieter Spöri. Das sehen die Anwohner mit großer Skepsis, zumal Ryanair mit zwei oder drei Maschinen einen „Home-carrier“-Status anstrebt – das bedeutet, die Flugzeuge werden in Bremen nachts gewartet und dürfen aus diesem Grund auch nachts landen.
Bei der Anwerbung von Bremen wurden Ryanair Flugbetriebszeiten von 6 Uhr bis 23/24 Uhr für alle 7 Wochentage zugestanden. „Dadurch wird die Nachtruhezeit der Flughafen- und Flugschneisen-Anwohner unzumutbar verkürzt“, kritisiert die Bürgerinitiative der Fluglärm-Gegner. Sie fordert eine Respektierung der Nachtruhe von 22 bis 7 Uhr.
Vor dem Hintergrund der Klimadiskussion hat der BUND Naturschutz zu einer Protest-Kundgebung aufgerufen. „Mit der neuen Basis in Bremen plant Ryanair, mittelfristig eine Million Menschen pro Jahr zusätzlich zu befördern. Eine Million Fluggäste würden auf der von Ryanair angebotenen durchschnittlichen Flugstrecke 150.000 Tonnen CO2 pro Jahr produzieren“, heißt es in dem Aufruf der Umweltschützer. Die Klimawirkung sei „die gleiche wie die aller bremischen Autos in einem Jahr“.
Der Bremer Pharmakologe Eberhard Greiser hatte jüngst eine umfangreiche Studie über die gesundheitlichen Folgen von Fluglärm vorgelegt. Der frühere Direktor des „Bremer Instituts für Sozialmedizin“ (BIPS) hat mit seiner privaten Beratungs-Firma im Auftrag des Umweltbundesamtes den Arzneimittel-Bedarf von 809.000 Mitgliedern gesetzlicher Krankenkassen – das sind immerhin 42 Prozent der Bevölkerung – mit den örtlich differenzierten Lärmbelastungs-Daten im Umfeld des Flughafens Köln-Bonn verglichen. Diese Studie ist die weltweit größte epidemiologische Studie über mögliche gesundheitliche Folgen des Fluglärms. Wobei zum Vergleich auch die Auswirkungen von Straßenlärm untersucht wurden: Wenn beides zusammen kommt, summieren sich Greiser zufolge die Wirkungen. Fluglärm sei dabei deutlich schädlicher als eher gleichmäßiger Straßenlärm.
Das Ergebnis seiner Studie ist eindeutig: Flughafen-Anwohner, die zwischen drei und fünf Uhr morgens Lärm von 46 bis 61 Dezibel ertragen müssen, bekommen wesentlich häufiger spezifische Medikamente verordnet. So wurden Frauen, die einer besonders starken Geräuschbelästigung ausgesetzt waren, zu 66 Prozent häufiger blutdrucksenkende Mittel verschrieben als in Vergleichsregionen, den Männern bis zu 24 Prozent häufiger. Noch gravierender ist der Einfluss bei schwerer erkrankten Patienten, die nicht nur Blutdrucksenker, sondern auch andere Medikamente gegen Herz-/Kreislauferkrankungen einnehmen, so Greiser. Bei den Frauen fand er eine Erhöhung der Verordnungshäufigkeit um 184 Prozent, bei Männern um 44 Prozent. Dass sich die Effekte bei Frauen deutlicher als bei Männern zeigen, liege daran, dass Frauen häufiger einen Arzt konsultieren.
Seine Ergebnisse seien nicht auf den Bremer Flughafen übertragbar, erklärte Greiser gegenüber der taz. Die Lärm-Belastungen in der Nacht seien in Köln/Bonn aufgrund der lauten Frachtmaschinen dort um ein vielfaches höher.
BUND-Aktion 20. 3., 15 Uhr, Abflughalle