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Archiv-Artikel

Amokläufer soll sitzen

Verteidigung und Staatsanwaltschaft fordern langjährige Haftstrafe für den Messerstecher vom Hauptbahnhof

Der 17-jährige Amokläufer vom Berliner Hauptbahnhof soll nach dem Willen der Staatsanwaltschaft sieben Jahre und sechs Monate in Haft. Der Ankläger plädierte gestern im Prozess vor einem Jugendgericht auf versuchten Totschlag in 33 Fällen sowie gefährliche Körperverletzung. Der Vorwurf des mehrfachen Mordversuchs habe sich nicht erwiesen. Die Verteidigung beantragte eine Strafe von höchstens sechs Jahren. Das Urteil soll kommenden Freitag verkündet werden.

Bei der Eröffnungsfeier des Bahnhofs am 26. Mai vorigen Jahres hatte der damals 16-Jährige wahllos auf Passanten eingestochen. Acht Personen erlitten lebensgefährliche Verletzungen. Nach dem Amoklauf im angrenzenden Regierungsviertel hatten viele Verletzte zunächst Angst vor Aids. Eines der ersten Opfer des Messerstechers war infiziert. Bis heute werden die Opfer von Angstzuständen gequält. Einige sind nicht arbeitsfähig, sagte einer der mehr als zehn Opferanwälte am Rande des nicht öffentlichen Jugendverfahrens.

Der 17-jährige Jugendliche, eines von sieben Kindern, hat sich in seinem Schlusswort bei allen Verletzten und ihren Angehörigen entschuldigt. Eigenen Angaben nach kann er sich nicht an die Tat erinnern. Das Motiv blieb unklar, bedauern die Nebenkläger. Verteidiger Herbert Hedrich sprach vom „Dämon im Menschen“. Der Angeklagte sei „durch Alkohol enthemmt durchgedreht“. Gutachter Hans-Ludwig Kröber hatte dem zur Tatzeit 16-Jährigen wegen seiner alkoholischen Beeinflussung mit 2,2 Promille eine verminderte Schuldfähigkeit bescheinigt. Der Alkohol sei die Ursache der Tat. Strafminderung solle dem Angeklagte aber nicht gewährt werden, forderte der Ankläger. Der Jugendliche habe gewusst, dass er unter Alkohol zu Gewalt neige. Er und seine Freunde hätten sich „flaschenweise mit Hochprozentigem ausgerüstet“, zitierte ein Prozessteilnehmer den Staatsanwalt. dpa