Gironcoli im Marcks-Haus : Frustrierte Schaulust
Gäbe es nur das Frühwerk, könnte man Gironcoli-Fan sein. Wundervoll hässliche Installationen stehen derzeit im Marcks-Haus, sie haben Österreich – Bruno Gironcolis Heimat – in den 60ern nichts weniger als den Anschluss an die zeitgenössische Bildhauerei verschafft. Bis dato galt dort blank polierter Marmor als das höchste aller künstlerischen Gefühle. Gironcoli setzte zersplittertes Holz, kaputte Puppen und aberwitzige elektrische Schaltungen dagegen, soweit so gut.
Dominiert wird die gegenwärtige Gironcoli-Retrospektive aber leider von Kitsch in größtmöglicher Ausdehnung. Parallel zum Erfolg wuchs das Ateliervolumen des Meisters, mehrmetrige metallierte Kunststoff-Gebilde sind das Ergebnis. Gironcolis Rückfall auf die glatte Oberfläche beschert dem Marcks-Haus das größte dort bislang gezeigte Objekt: ein mattschimmerndes postmodernistisch anmutendes Konglomerat von Zapfen, Zungen, Streben, schneckig gezwirbelten Endstücken und anderen organisch gerundeten Volumina. Leider hat es letztlich doch noch durch die Tür gepasst.
Das „brennende Kind“, eine katholisch inspirierte Aluminiumarbeit, macht die Sache nicht besser: Als groteskes Altar-Imitat assoziiert es eine Opfersituation, selten hat man so gleichgültig züngelnde Flammen gesehen. Wenn Emo-Kitsch auch noch steril wirkt, bleibt der Schaulust nichts als Frust.
Henning Bleyl
Bis 28. Mai, Führung heute um 17 Uhr