„Sahnehäubchen“

WAHL-INTERVIEW Weil junge Leute aus Brandenburg wegziehen, verdienen Hebammen kaum noch

■ ist Vorsitzende des Hebammenverbands Brandenburg, der die Interessen von freiberuflichen und angestellten Hebammen vertritt.

taz: Frau Schulze, was erhoffen Sie sich von den Wahlen?

Martina Schulze: Eine gute Politik für junge Eltern und für Hebammen.

Wie müsste die aussehen?

Die freiberuflichen Hebammen müssten landesweit besser abgesichert sein. In vielen Tätigkeitsbereichen wie außerklinischen Geburten, Wochenbettbetreuung, Geburtsvorbereitungs- und Rückbildungskursen könnte es bessere Bedingungen geben. Beleghebammen haben derzeit ein großes Problem mit der Haftpflichtversicherung, weil sie bei gleich hohen Haftpflichtbeiträgen weniger Vergütung für die Beleggeburt bekommen. Viele Hebammen sind durch die um 20 Prozent gestiegene Berufshaftpflicht in ihrer Existenz bedroht.

Ist der Hebammenberuf so noch attraktiv?

Für mich persönlich ja. Es ist ein ganz besonderer Beruf, Frauen rund um eine Geburt begleiten zu können. Ein Sahnehäubchen. Aber wenn es ums Geld geht, wird es schwierig. Gerade im ländlichen Brandenburg ziehen viele junge Menschen weg. Ich kenne einige Kolleginnen, die sich beruflich umorientiert haben, weil sie einfach zu wenig verdient haben. Es gibt in Brandenburg auch immer weniger Beleghebammen oder Hebammen, die Hausgeburten durchführen.

Liegt das an den höheren Haftpflichtprämien?

Der Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe hat den Hebammen bereits einen Sicherstellungszuschlag ab Juli 2015 verschafft, um die Mehrkosten auszugleichen. Es gibt auch vorübergehend eine Ausgleichszahlung durch die Krankenkassen. Von dem Kostenausgleich profitieren aber nicht alle Hebammen gleichermaßen. Denn das geschieht mit Zuschlägen je Geburt. Bei vielen Beleghebammen reicht die Anzahl der Geburten nicht, um die Haftungsprämien zu bezahlen.

Wie könnte es besser sein?

Man könnte die Haftungsobergrenze festlegen und einen Pool bilden, aus dem die Mehrkosten getragen werden. Wir haben der Regierung Vorschläge vorgelegt.

Verraten Sie, wen Sie wählen?

Nein, das werde ich nicht – ich weiß es selbst noch nicht.

INTERVIEW: JASMIN KALARICKAL