: Juncker fehlen immer noch die Frauen
EU-KOMMISSION Nächste Woche soll die neue Kommission stehen. Doch ohne mehr weibliche Spitzenkräfte könnte das Parlament die Zustimmung verweigern. Bonn und Paris streiten weiter um Spitzenposten
AUS BRÜSSEL ERIC BONSE
Wer wird was? Und wer wird wichtig? In Brüssel hat das heitere Beruferaten begonnen. In der kommenden Woche soll die neue EU-Kommission stehen, deshalb ist ihr neuer Chef Jean-Claude Juncker nun schwer beschäftigt. In vertraulichen Bewerbungsgesprächen versucht der Luxemburger herauszufinden, was die Kandidaten für die 27 Kommissarsposten können und wie die Brüsseler Behörde neu organisiert werden soll.
Bisher konzentrierte sich die Aufmerksamkeit auf zwei Namen: Günther Oettinger und Pierre Moscovici. Oettinger, ein Intimus von Kanzlerin Angela Merkel, würde gerne die Handelspolitik übernehmen.
Die Kanzlerin ist es auch, die das Interesse auf Moscovici gerichtet hat. Denn der konservative Teil der Bundesregierung möchte verhindern, dass der ehemalige Finanzminister (ein Sozialist) Wirtschafts- und Währungskommissar wird. Gestern wurde ein Entwurf bekannt, der „Mosco“ als Verlierer dastehen lässt: Demnach soll er nur für Wettbewerb zuständig werden, während Oettinger den Handel verwalten dürfte. Allerdings hatte Juncker den Franzosen da noch nicht zum Vorstellungsgespräch getroffen. Entscheidungen fallen erst am Wochenende, sagte seine Sprecherin.
Noch mehr Sorgen bereiten dürfte Juncker, dass die 28 EU-Staaten viel zu wenig Frauen nominiert haben. Sein Team sollte mindestens 10 Frauen haben, also eine mehr als bisher. Derzeit sind es nur acht. Und auch das nur, weil sich Belgien in einer hitzigen Nachtsitzung dazu durchrang, die konservative Europaabgeordnete Marianne Thyssen zu benennen. Von Parität ist die neue Kommission immer noch meilenweit entfernt. Juncker und seinen Kommissaren droht deshalb Ärger im Europaparlament. Es muss der neuen Kommission zustimmen – und hat eine bessere Frauenquote gefordert. Einige Abgeordnete haben sogar gedroht, Junckers Team durchfallen zu lassen, wenn es nicht weiblicher wird. Juncker versucht nun, den Kritikern den Wind aus den Segeln zu nehmen, indem er die Damen mit besseren Posten betraut. Doch vorher muss er noch eine andere Frage lösen: Wie soll die Brüsseler Behörde künftig organisiert werden?
Bisher war jeder Kommissar für ein Themenfeld zuständig, künftig soll es sogenannte „Cluster“ geben. Diese Schwerpunkte könnten von Superkommissaren geleitet werden, die die Fachkommissare steuern – böse Zungen sprechen auch von Aufsehern. Sie sollen Juncker vertreten und mehr Politiker als Verwalter sein. Dahinter steht die Idee, dass die EU-Kommission politischer werden soll. Fast wie eine „richtige“ Regierung – auch wenn sie nicht gewählt ist. Doch wer möchte sich schon von einem Aufseher kontrollieren lassen? Und wieso sollen einige Länder Superkommissare bekommen, andere nicht? Nach dem Entwurf würden Deutschland und Frankreich leer ausgehen, die kleinen Niederlande hingegen dürften mit Frans Timmermans für den Bürokratieabbau („Better Regulation“) das große Los ziehe. Das könnte noch Ärger geben – denn auch die EU-Staaten müssen Junckers Dreamteam zustimmen.