piwik no script img

Archiv-Artikel

Rüstungsvertrag suspendiert

FRANKREICH Der Druck auf Paris wurde zu groß: Russland bekommt vorerst keine Hubschrauberträger. Platzt der Deal endgültig, kostet das 1,2 Milliarden Euro

PARIS taz | Entgegen seinen bisherigen Stellungnahmen hat der französische Staatspräsident mitteilen lassen, dass ein besonders umstrittener Rüstungsvertrag der STX-Werft mit Russland auf Eis gelegt werde.

Angesichts der russischen Position und der Intervention in der Ukraine-Krise seien „zum jetzigen Zeitpunkt“ die Bedingungen für die im Oktober vorgesehene Auslieferung des ersten Hubschrauberträgers der Mistral-Klasse nicht erfüllt. Noch spricht die französische Staatsführung aber nicht von einem Vertragsbruch, sondern von einer „Suspendierung“.

Dass dieser Entscheid am Vorabend des zweitägigen Nato-Gipfels in Newport (Wales) angekündigt worden ist, kann nicht als Zufall gewertet werden. Ganz offensichtlich musste Hollande damit rechnen, dass bei diesem Treffen, bei dem sich ein wesentlicher Teil der Diskussionen um den Konflikt in der Ukraine drehen wird, Frankreich bezüglich seiner Solidarität mit den westlichen Sanktionen durch diese Rüstungsgeschäfte mit Präsident Putin kompromittiert dastehen würde. Zwar wurden solche bereits vor Jahren unterzeichneten Verträge auf Wunsch Frankreichs von den Sanktionen gegen Russland ausgenommen. Diese Kriegsschiffe aber wären ideal für rasche Interventionen – zum Beispiel im Schwarzen Meer. Sie können 16 Kampfhubschrauber, Panzer und 450 Soldaten transportieren.

Bisher hatte Hollande unentwegt gesagt, das erste und bereits fertiggestellte Kriegsschiff mit dem Namen „Wladiwostok“ werde im Herbst vertragsgemäß geliefert. Seit dem 30. Juni sind rund 400 russische Marinesoldaten darauf im westfranzösischen Atlantikhafen in Ausbildung.

Nur den Bau des zweiten Schiffs, dessen Lieferung für Ende 2015 vorgesehen war und den Namen „Sewastopol“ erhalten soll, und das teilweise in Sankt Petersburg konstruiert werden sollte, wollte Hollande ursprünglich als Druckmittel gegen Moskau einsetzen. Da nach Pariser Lesart „von Russland geleitete Aktionen im Osten der Ukraine den Grundsätzen der Sicherheit Europas zuwiderlaufen“, hat Hollande den Ton und die Sanktionen verschärft.

Das war vor allem von den USA und Großbritannien sowie von Staaten des ehemaligen Ostblocks gewünscht worden. Diese politische Wende könnte Frankreich aber teuer zu stehen kommen. Der finanzielle Ausfall für die zwei Hubschrauberträger würde sich auf 1,2 Milliarden Euro belaufen, hinzu kämen im Vertrag vorgesehene Entschädigungen. Benachteiligt würde zudem die Werft STX von Saint-Nazaire, deren Kapazitäten nicht mehr ausgelastet wären.

Denn aus ganz anderen Gründen, nämlich wegen Schwierigkeiten bei der Finanzierung, ist der STX ein Vertrag für den Bau eines „ökologischen“ Fährschiffs für Brittany Ferries entgangen.

Außerdem mahnt die Opposition, Frankreich dürfe nicht Zweifel an der Glaubwürdigkeit seiner Unterschrift aufkommen lassen. RUDOLF BALMER