: Nichtraucherschutz: Dicke Luft im Norden
Qualm-Verbot in Gaststätten: Die strikte Linie von Bremen und Schleswig-Holstein droht aufzuweichen. Ausnahmen in Bars und Kneipen geplant. Niedersachsen beschließt heute den bundesweit bislang liberalsten Gesetzentwurf
Zuerst wollten sie beim Qualm-Verbieten ganz vorne mit dabei sein: Jetzt droht die strikte Haltung der SPD-geführten Gesundheitsressorts in Bremen und Schleswig-Holstein aufzuweichen. Das Kieler Kabinett will heute zwar den Entwurf eines strengen Nichtraucher-Schutzgesetzes verabschieden, der das Qualmen in Gaststätten nur noch in abgetrennten Räumen zulässt. Allerdings haben sich die CDU-Fraktion und Wirtschaftsminister Dietrich Austermann (CDU) bereits für Ausnahmen in Bars und Kneipen eingesetzt. Änderungen im nun beginnenden Anhörungsverfahren schließt ein Sprecher von Gesundheitsministerin Gitta Trauernicht (SPD) deshalb ausdrücklich nicht aus.
Noch stärker scheint das kleinste Bundesland einzuknicken. Einst hatten die Bremer als bundesweit erste Strafen für das Rauchen in öffentlichen Gebäuden verhängt. Einen Bremer Alleingang in der Diskussion um die Rauchverbote, wie von Ex-Gesundheitssenatorin Karin Röpke einst angekündigt, werde es nicht geben, sagte gestern eine Sprecherin der Nachfolgerin Ingelore Rosenkötter (SPD). „Bremen will sich an Niedersachsen orientieren“, sagte der Gesundheitsexperte der SPD-Fraktion, Winfried Brumma.
Das Kabinett in Hannover wird heute für seine etwa 16.000 Gastronomiebetriebe die bundesweit bislang liberalste Raucher-Regelung beschließen: Danach dürfen die Wirte künftig selber entscheiden, ob sie ihre Betriebe mit einem von außen sichtbaren „R“ zum Qualmen freigeben oder nicht, und zwar alle, vom Sterne-Restaurant bis zur Bier-Kaschemme. Selbst Betriebe, die über mehrere Räume verfügen, können das Rauchen grundsätzlich überall erlauben. „Was bitte ist daran neu, dass Gaststätteninhaber selbst entscheiden dürfen, ob bei ihnen geraucht werden darf?“, fragte SPD-Fraktionschef Wolfgang Jüttner. Und: Es sei „eine Sauerei, den Schwarzen Peter jetzt den Wirten zuzuschieben“.
Anfangs hatte Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) nur von „Eckkneipen“ gesprochen, die sich zum Raucherlokal erklären dürfen. Im ebenfalls schwarz-gelb regierten Nordrhein-Westfalen, das zusammen mit Niedersachsen für die „R“-Regelung eingetreten war, grübeln Experten derzeit darüber, wie groß eine „Eckkneipe“ sein darf.
Wie die Bremer: „Je mehr Ausnahmen es beim Rauchverbot gibt, umso weniger effektiv wird es“, sagt die gesundheitspolitische Sprecherin der CDU, Rita Mohr-Lüllmann. Lokale, in denen nur der Besitzer ausschenkt, sollen vom Rauchverbot ausgenommen werden, erklärt der Bremer SPD-Mann Brumma. Ob sich die Eckkneipe an den Sitzplätzen oder an der Quadratmeterzahl festmachen soll, ist ihm noch nicht klar. Niedersachsen hat diese Begrenzungen aus juristischen Gründen verworfen: „Das könnte den Gleichbehandlungsgrundsatz verletzen“, sagt ein Sprecher des Gesundheitsministeriums. Und auch er verweist auf die parlamentarische Anhörung, die den Gesetzentwurf noch ändern könnte. Catharina Oppitz, Kai Schöneberg