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Archiv-Artikel

Angst in Tigerstaaten

Inflation und Immobilienblase führt zu Spekulationen über Währungsabwertungen im boomenden Baltikum

STOCKHOLM taz ■ Die baltischen Tiger bekommen Probleme mit ihren Währungen. Zwar verkündeten die Chefs der nationalen Zentralbanken von Estland und Lettland jetzt unisono: „Die Währung wird nicht abgewertet.“ Entsprechende Spekulationen konnten sie damit aber nicht aus der Welt räumen. Die Zahlen sprechen nämlich eine andere Sprache. Vor allem die lettische Valuta Lat wird von einer Inflationsrate von sieben Prozent massiv unter Druck gesetzt.

Das Land konnte im vergangenen Jahr zwar mit einem BIP-Plus von 11,7 Prozent das höchste nominale Wirtschaftswachstum aller EU-Länder melden. Doch geht dieses Rekordergebnis weniger auf einen tatsächlichen Wertzuwachs im produktiven Sektor zurück als vor allem auf Investitionen im Bankensektor und in Immobilien.

Laut Uldis Rutkaste, Chefökonom der lettischen Zentralbank, liegen die Grunfstückspreise, gemessen am Lohnniveau des Landes, nun mit Abstand an der Spitze der EU. Rutkaste sieht ein Hauptproblem in der expansiven Kreditvergabepolitik der ausländischen Banken. Der lettische Bankensektor wird vor allem von schwedischen Banken beherrscht, aus Deutschland sind dort Töchter der Vereins- und Westbank und der NordLB aktiv. Über die Zinspolitik kann die lettische Zentralbank die Kreditpolitik der Banken kaum beeinflussen. Das Land hat seine Währung an den Euro gebunden und darf mit seinen Zinsen nur begrenzt über der Rate der Europäischen Zentralbank legen.

Für einheimische Geschäftsleute und Normalverbraucher, die ihren Konsum auf Pump finanziert haben, könnte eine Abwertung teuer werden und zu zusätzlicher Verschuldung führen. In den letzten Tagen meldeten Geschäftsbanken in Riga daher auch eine Umtauschwelle von Lat in Euro. Die Erinnerung an den Zusammenbruch des Bankensystems in den Neunzigerjahren scheint noch allgegenwärtig. REINHARD WOLFF