piwik no script img

Archiv-Artikel

Zankapfel Gemeindereform

PRISHTINA taz ■ Die Gemeindereform ist eine der heftigst umstrittenen Inhalte des Plans des finnischen UN-Vermittlers Martti Ahtisaari über den künftigen Status des Kosovo, der jetzt dem UN-Sicherheitsrat vorgelegt wird. Er gibt der serbischen Minderheit – die heute noch 5 Prozent der insgesamt 2 Millionen Einwohner ausmacht – umfangreiche Rechte. Er beinhaltet auch eine Gemeindereform für die 14 serbischen Enklaven und die serbischen Gemeinden.

Die Gemeinden erhalten danach das Recht, untereinander zu kooperieren, sie bekommen eigene Polizeistationen, eigene Schulen mit dem serbischen Curriculum, das Gesundheitssystem wird unabhängig bleiben. Die erweiterten serbischen Gemeinden können sogar spezielle Beziehungen zu Serbien unterhalten. Serbien kann also jederzeit in das Kosovo hineinregieren. Trotz all dieser Vorteile hat die Verhandlungskommission Serbiens den Vorschlag Ahtisaaris abgelehnt, sie will dem Kosovo nur eine Autonomie innerhalb Serbiens zugestehen, auch wenn Teile der serbischen Bevölkerung Kosovos sich eine andere Meinung zu bilden beginnen.

Auf albanischer Seite kam es wegen der Gemeindereform Anfang Februar zu heftigen Protesten der Bewegung „Selbstbestimmung“, bei der zwei Demonstranten getötet und 82 verletzt wurden. „Selbstbestimmung“ befürchtet den Aufbau eines ethnisch definierten Teilstaates im Kosovo. Die UN-Polizei verhaftete den Führer der Bewegung, den knapp 30-jährigen ehemaligen Studentenführer Albin Kurti, der bis heute im Gefängnis sitzt.

Die Mehrheit der albanischen politischen Parteien und die Regierung des Kosovo stellen sich gegen das Kurti-Lager. Sie stimmen dem Plan zu, weil er erstmals seit der serbischen Okkupation Kosovos im Jahre 1912 den Wünschen der albanischen Bevölkerungsmehrheit nach einem unabhängigen Staat entgegenkommt, auch wenn der nur eine „begrenzte Souveränität“ erhält. Immerhin bekommt der neue Staat als Zeichen dieser Souveränität Sitze in den internationalen Organisationen, etwa der UNO, darf eine Armee unterhalten und sich Hymne und Flagge geben. Die internationale Gemeinschaft wird aber in Form einer EU-Mission, mit den Eufor-Truppen und der EU-Polizei auch weiter im Land bleiben.

Noch ist die Entscheidung im Weltsicherheitsrat nicht gefallen. Russland unterstützt Serbien und droht mit einem Veto. In diesem Fall will die kosovoalbanische Regierung einseitig die Unabhängigkeit Kosovos ausrufen. Die Serben drohen ihrerseits, dann die Unabhängigkeit der serbischen Enklaven zu statuieren. Es entstünde eine gefährliche Situation.

ERICH RATHFELDER