GEHT’S NOCH? : Hand? Handgeld!
IM MILLIARDENGESCHÄFT FUSSBALL LÄSST SICH ÜBER GELD ALLES REGELN, WIE DER KUHHANDEL UM JUNGTALENT SINAN KURT ZEIGT
Menschenhandel sei dieser ganze Transferkram, schimpfte neulich Christoph Kramer, der Weltmeister mit dem Kurzzeiteinsatz, in einem Spiegel-Interview. Nö, er wolle selbst bestimmen, wohin er gehe. Eine Klausel im Vertrag interessiere ihn eher am Rande. Nun ist es aber leider so, dass auch Menschenhändler Verträge schließen, Geschäft ist Geschäft – und nicht immer kann man, ausgestattet mit Aura und Aureole des Supererfolgreichen, Kontrakte einfach zerknüllen. Aber versuchen kann man’s ja mal.
So wie im Fall des deutschen Juniorennationalspielers Sinan Kurt, der zuletzt im Trikot von Borussia Mönchengladbach steckte. Kurt ist gerade mal 18 Jahre alt, will aber hoch hinaus. Oder anders gesagt: zu den Bayern. Gladbach wollte das Talent natürlich behalten, weswegen Kurts Berater Michael Decker von der Agentur EMG Mundial allerhand juristisches Geschütz gegen den bis 2016 laufenden Vertrag auffuhr: Sittenwidrigkeit und so weiter. Er musste nicht erst vor ein Gericht ziehen, der FC Bayern kaufte Kurt angeblich für 2,5 Millionen Euro, obwohl er laut transfermarkt.com nur 100.000 Euro wert ist; Decker dürfte sich über einen hohen fünfstelligen Betrag als Provision gefreut haben. Über das liebe Geld lässt sich halt alles regeln. Wenn die Höhe der Überweisung stimmt, dann wird das schönste und üppigste Vertragswerk zu Makulatur, zu einem Wisch mit wenig Bedeutung.
Auf die Vereine kann auf diese Weise sanfter Druck ausgeübt werden, aber auch auf Spieler. Sebastian Deisler schaute seinerzeit nicht schlecht, als auf seinem Konto plötzlich 20 Millionen Mark mehr drauf waren. Uli Hoeneß hatte mal eben ein bisschen Überzeugungsarbeit geleistet, damit der Berliner zu den Bayern kommt. Soll heißen: Verträge bilden im Fußball nur einen Rahmen fürs Geschäftliche, einen Rahmen, der im Zweifelsfall mit ganz anderen Inhalten gefüllt werden kann: einem dicken Handgeld, einer gehörigen Portion Dreistigkeit oder medialem Druck durch den Berater. MARKUS VÖLKER