piwik no script img

Archiv-Artikel

PC-Spion mit Selbstzerstörung

Bei einer Anhörung im Bundestag stritt der Chaos Computer Club mit dem Chef des Bundeskriminalamtes, Jörg Ziercke, über die Online-Schnüffelei per Bundestrojaner

FREIBURG taz ■ Wenn die Polizei und ihre Kritiker zusammentreffen, geht es manchmal hoch her. „Ich bin seit 40 Jahren bei der Polizei, und mir ist kein Fall bekannt, bei dem die Polizei jemand etwas untergeschoben hat“, empörte sich BKA-Chef Jörg Ziercke bei einer Anhörung der Grünen. Er reagierte dabei auf Vorwürfe des Chaos Computer Clubs (CCC). „Ein Polizeitrojaner kann die Festplatte privater Computer nicht nur lesen, sondern auch verändern“, so Constanze Kunz, die CCC-Expertin für Überwachungstechnik, „wenn ein fremdes Programm Zugriff auf den Computer hat, kann man damit auch Kinderpornografie und Nazi-Propaganda auf einer Festplatte platzieren.“

Anlass der Anhörung war ein Urteil des Bundesgerichtshofs, der der Polizei das heimliche Ausspähen von privaten Computern mittels Spionage-Software – sogenannten Trojanern – bis auf Weiteres verbot. Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) will jedoch so schnell wie möglich eine gesetzliche Grundlage für derartige Online-Durchsuchungen schaffen.

Kriminalamtsleiter Ziercke stellte deshalb bei den Grünen klar, wie er sich die heimliche Ausspähung von Computern vorstellt. „Wir werden keine Schadsoftware verschicken, und wir werden auch nicht die Schwachstellen von Computerprogrammen ausnutzen.“ Vielmehr will das BKA Programme für individuelle Verdächtige anfertigen, die von keiner Antivirensoftware erkannt werden. Diese sollen auch nicht den Inhalt der gesamten Festplatte via Internet ans BKA übermitteln, sondern nur das, was gesucht wird, zum Beispiel kinderpornografische Bilder oder Bombenbastelanleitungen. Das Programm werde sich nach einer bestimmten Frist „selbst auflösen“. Der Quellcode des Programms werde aber zur späteren Kontrolle beim Richter, der den Einsatz genehmigt, hinterlegt.

Vermittelnd zeigte sich der Datenschutzexperte Andreas Pfitzmann von der TU Dresden. „Ich habe keine Angst vor deutschen Polizisten und Geheimdienstlern, der Bundestrojaner ist ein Nicht-Problem.“ Das Problem seien vielmehr unsichere Computer, die auch von der organisierten Kriminalität ausgespäht und manipuliert werden können. CHRISTIAN RATH