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Archiv-Artikel

Vaterliebe aus dem Labor

Justizministerin Zypries erlaubt Vätern, sich Gewissheit darüber zu verschaffen, ob ihr Kind auch tatsächlich ihr Kind ist. Heimliche Vaterschaftstests bleiben aber tabu

FREIBURG taz ■ Väter können künftig viel leichter überprüfen, ob sie tatsächlich biologischer Erzeuger ihrer Kinder sind. Das sieht ein Gesetzentwurf von Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) vor, mit dem sie auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts reagiert. Heimliche Vaterschaftstests bleiben allerdings weiterhin verboten.

Karlsruhe hatte im Februar erklärt, Väter hätten ein Recht, ihre Vaterschaft zu prüfen. Der Staat müsse entsprechende Verfahren bereitstellen. Dieser Aufforderung kommt Zypries nun gleich doppelt nach. Zum einen wird ein Klärungsverfahren neu eingeführt, zum anderen wird die klassische Vaterschaftsanfechtung stark liberalisiert. Der Bundestag muss das Gesetz bis März 2008 beschließen. Beim Klärungsverfahren kann die Abstammung eines Kindes überprüft werden, ohne dass damit juristische Konsequenzen verbunden sind. Selbst wenn sich herausstellt, dass der „Vater“ nicht der Erzeuger des Kindes ist, weil dieses aus einem Seitensprung der Mutter stammt, bleibt die Verwandtschaft von Vater und Kind erhalten. Der Vater bleibt unterhaltspflichtig.

Eine solche Klärung kann vom Vater jederzeit ohne Voraussetzungen und ohne Fristen gefordert werden. Auch die Mutter und das Kind können die Klärung verlangen. Die jeweils anderen Familienmitglieder sind dann verpflichtet, einem Labor eine Speichelprobe mit Genmaterial zur Verfügung zu stellen.

Allerdings kann das Verfahren ausgesetzt werden, wenn es das Kindeswohl erfordert. Als Beispiel nannte Zypries eine Magersucht des Kindes, die durch den Abstammungstest gravierend verschlechtert werden könnte. „Geht es dem Kind wieder besser, kann der Betroffene einen Antrag stellen, das Verfahren fortzusetzen“, so Zypries.

Wenn der Mann nicht nur Gewissheit sucht, sondern auch keinen Unterhalt mehr zahlen will, muss er die Vaterschaft anfechten. Dies ist bisher nur binnen einer Frist von zwei Jahren möglich. Die Frist beginnt heute mit der Geburt oder nachdem der Vater von Tatsachen erfährt, die ihn an seiner Vaterschaft zweifeln lassen.

Diese Zweijahresfrist bleibt auf dem Papier bestehen. Wenn ein Vater sie verpasst, muss er aber nur ein Klärungsverfahren anstrengen, dann beginnt sie neu zu laufen. Damit will Zypries Väter ermuntern, ihre Zweifel erst mal auf sich beruhen zu lassen und nicht sofort die Familie zu belasten. Allerdings profitieren von dieser Regel auch alle anderen Väter, die die Zweijahresfrist verstreichen ließen.

Wenn die Frist bereits abgelaufen war, muss das Kindeswohl besonders berücksichtigt werden. So soll eine Anfechtung gänzlich ausgeschlossen sein, wenn der Vater eine funktionierende Beziehung zur Tochter beenden will, nur um sich an der Mutter zu rächen.

Ansonsten gibt es auch hier eine Härtefallklausel, die die Anfechtung vorübergehend unmöglich macht, etwa bei einer schweren Krankheit des Kindes.

Für alle Abstammungstests gilt, dass sie offen durchgeführt werden müssen. „Heimlich den Speichel eines Kindes in einem Labor prüfen zu lassen, ist ein schwerer Verstoß gegen das informationelle Selbstbestimmungsrecht“, sagte Zypries. Welche Strafen es für heimliche Tests gibt, wird erst später in einem Gendiagnostikgesetz festgelegt. CHRISTIAN RATH

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