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Archiv-Artikel

Nicht unfähig, aber ahnungslos

CDU-Fraktionschef Bernd Reinert gibt dem SPD-Spitzenkandidaten Michael Naumann Nachhilfe. Denn diesem fehle es an erkennbarer Hamburg-Kompetenz. Die SPD freut sich über beginnende Nervosität der Christdemokraten

Nein nein, versichert Bernd Reinert auf Nachfrage, „Angst haben wir vor Herrn Naumann nicht.“ Auch „Unfähigkeit“ will der CDU-Fraktionschef in der Bürgerschaft dem neuen Spitzenkandidaten der SPD „nicht unterstellen“. Er habe nur den Eindruck, sagt Reinert, „dass Herr Naumann einfach nicht Bescheid weiß“.

Auf acht Seiten hat Reinert deshalb „Zerrbilder und Fehleinschätzungen“ aus Naumanns Rede auf dem Landesparteitag am Sonnabend auflisten lassen, eine halbe Stunde lang bemüht er sich, diese zu widerlegen. Und den Nachweis zu führen, dass beim Gegenkandidaten von CDU-Bürgermeister Ole von Beust „Hamburg-Kompetenz nicht erkennbar“ sei.

Naumanns Vorwurf der „sozialpolitischen Kälte“ des CDU-Senats stellt Reinert die „Erfolge unserer Politik“ gegenüber: Die Sprachförderung in Vorschulen, die Aufstockung der Stellen in den Sozialen Diensten, die 100 Millionen Euro für ausgewählte soziale Brennpunkte oder „die beste Kita-Versorgung aller westdeutschen Bundesländer“. Dass letztere unter dem Druck eines von SPD, GAL und Initiativen zum Erfolg geführten Volksbegehrens zugestanden wurde, sagt Reinert nicht.

Von 100.000 Arbeitslosen habe Naumann gesprochen, doch diese Zahl sei von Ende 2005, korrigiert Reinert. Jetzt gebe es nur noch 88.000 Arbeitslose in Hamburg – „immer noch zu viele, aber 12 Prozent weniger in nur einem Jahr“. Die Zahl der Straftaten sei „auf dem niedrigsten Stand seit 23 Jahren“, referiert der Fraktionschef, der Bürgermeisterkandidat der SPD aber habe von „Schulwegen, die durch Nahkampfzonen zu führen scheinen“ und der „zunehmenden Brutalisierung jugendlicher Gewalt“ gesprochen.

Auch wolle Naumann „die Einheitsschule und die Abschaffung des Gymnasiums“, interpretiert Reinert dessen Kritik an der „sozialen Auslese“ beim Zugang zu weiterführenden Schulen. Dort, wie auch in einigen anderen Punkten, sehe er „politische Konflikte zwischen dem Kandidaten und seiner Partei“, sagt Reinert. „Herr Naumann“, so sein Fazit, „kennt die politische Wirklichkeit in dieser Stadt nicht.“

SPD-Parteisprecher Bülent Ciftlik zeigte sich erfreut darüber, dass Reinert sich „so fleißig mit Aussagen des SPD-Spitzenkandidaten beschäftigt“ und dessen „Bekanntheitsgrad weiter steigert“. Der „plötzliche Eifer“ der Christdemokraten zeige nur, deutete Ciftlik Reinerts Ausführungen, „dass sie nervös werden“. Sven-Michael Veit