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Archiv-Artikel

Umfangreiche Auflagen für den Fassanstich in der Asse

ATOM II Niedersachsens Umweltministerium hat Probebohrungen im Atommülllager Asse erlaubt

HANNOVER taz | Erhebliche Verzögerungen bei der Bergung der radioaktiven Abfälle aus dem maroden Atommülllager Asse in Niedersachsen befürchtet das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS). Am Donnerstag hat der Asse-Betreiber vom zuständigen niedersächsischen Umweltministerium die Genehmigung für Probebohrungen in dem ehemaligen Salzbergwerk erhalten – mit 32 Auflagen.

„In der Vergangenheit versäumte Sicherheitsauflagen“, sagte BfS-Sprecher Werner Nording der taz, „können nicht rückgängig gemacht werden, indem man heute bei den Auflagen überkompensiert.“ 2009 hatte das BfS die Asse auf Bitten der Bundesregierung vom früheren Betreiber, dem Helmholtz Zentrum München, übernommen. Der Auftrag: die Asse sicher schließen, in der von 1967 bis 1978 rund 126.000 Fässer schwach und mittelradioaktiver Müll eingelagert wurden.

Ursprünglich sollte das Bergwerk mit einer Speziallösung geflutet werden. Der neue Betreiber BfS will den Müll aus den Kammern räumen und die Asse verschließen – ein Vorgehen, für das es weltweit keine Vorbilder gibt. Die jetzt genehmigten Probebohrungen sind der erste Schritt einer Faktenerhebung, die klären soll, ob eine sichere Rückholung überhaupt möglich ist. Denn Unklarheit herrscht über Zustand wie Inhalt der Fässer. Zwei Kammern sollen zunächst für Messungen angebohrt werden. In weiteren Schritten plant das Strahlenschutzamt, die Kammern zu öffnen und einige Fässer zur Begutachtung zu entnehmen.

Wann der Bohrer in der Asse angesetzt wird, konnte das BfS bis Freitag nicht abschätzen. Die 32 Auflagen der Genehmigung seien „zum Teil weitreichend“, sagte Nording. Das BfS muss unter anderem nachweisen, wie es mit aus den Kammern austretenden radioaktiven Stoffen oder möglichen Störfällen – durch Bohrungen ausgelösten Brände oder Explosionen – umgehen will.

Derweil drängt die Zeit: Gutachten zufolge ist das Bergwerk nur bis 2020 standsicher, Lauge sickert schon seit 1988 in die Asse – täglich rund 12.000 Liter. Dennoch hat Niedersachsens atomfreundlich gestimmter FDP-Umweltminister Hans-Heinrich Sander ein halbes Jahr allein für die Bewilligung der Probebohrungen gebraucht. Bürgerinitiativen und Landtagsopposition werfen ihm vor, er sabotiere die Bergung des Atommülls.

Die Landtagsgrünen fordern, die Rückholung dürfe nicht „kaputtgeprüft“ werden. Das Bundesumweltministerium hatte die Genehmigungsbehörde in Hannover bereits vorab vor zu hohen Auflagen gewarnt: Die Bedingungen müssten angemessen sein – trotz aller Sicherheitsbemühungen.

Sander selbst verweist auf einen „sehr komplexen Entscheidungsprozess“. Im Vordergrund stehe die Sicherheit der Asse-Beschäftigten und „dass die Arbeiten schadlos für die Menschen in der Region und die Umwelt geschehen“. TERESA HAVLICEK