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Archiv-Artikel

SCHNELLE TRANSAKTIONEN Grill gegen Leiter

So viel sozial und Tausch an einem Tag; ganz fremd ist mir das

Ich will ’ne Glühbirne einschrauben, nur hab ich die noch nicht. Aber hier, wo ich jetzt wohne, gibt’s einen Baumarkt gleich um die Ecke. Klar ist mir peinlich, nur wegen ’ner Birne dorthin zu gehen, aber dann ist es auch gut, denn an der Kasse treff ich einen Freund. „Sag mal, hast du nicht ’ne Leiter rumstehen“, frage ich ihn. „Die wär nämlich schon gut zu haben zum Birneeinschrauben.“ – „Nö“, sagt er. „Macht aber nichts. Meine Freundin hat eine, drei Häuser links von dir.“

Kurz darauf stehe ich tatsächlich auf einer Leiter, nur wird das mit dem Birneeinschrauben doch so schnell nichts. Ich habe die falsche Größe gekauft. „Wie peinlich ist das denn“, frag ich den Freund aus dem Baumarkt vorhin. Der ist nicht mitgekommen zu mir, im Gegenteil: Ich gehe hin zu ihm, denn er ist auch nur drei Häuser entfernt, allerdings nach rechts statt nach links. Dort arbeitet er, und das oft halb auf der Straße, auf dem Gehweg vor seinem Laden. Und wenn ich da schon vorbeimuss, halt ich direkt auch mal an.

„Wenn du eh wieder hinmusst zum Baumarkt, bring mal zwei Holzwinkel mit“, sagt er. „Kriegst auch ’nen Kaffee.“ – „Und ’ne Bohrmaschine?“, frag ich. Denn wenn schon, denn schon, denk ich mir; jetzt hab ich schließlich ’ne Leiter. „Klar“, sagt er, und ich radele los, komme zurück, liefere ab, tausche Winkel gegen Kaffee und Bohrer, stell mich hoch auf die Leiter, bohre und schraube, und auch die Birne vergesse ich nicht, und dann bring ich die Maschine zurück. „Die Leiter bräuchte ich auch“, sagt mein Freund. „Kriegst dafür ’nen Grill. Hast doch Platz bei dir auf der Terrasse, oder? Hier steht der bloß im Weg.“

Ich nicke, hole die Leiter, tausche die gegen den Grill und noch einen Kaffee. Dann, wieder zu Hause, setz ich mich ruhig hin und mach erst mal gar nichts. Ich muss mich erholen von so viel sozial und Tausch an einem einzigen Tag; ganz fremd ist mir das.

JOEY JUSCHKA