: Forschung unter Beschuss
LINKSEXTREMISMUS-STUDIE Hochschulkonferenz des Rauhen Hauses beschließt den Abbruch der umstrittenen Forschungsarbeit, Direktor Lindenberg will weitermachen
Eine umstrittene Studie über den Sinn und Unsinn spezieller sozialpädagogischer Angebote für Jugendliche aus der linksautonomen Szene sorgt weiter für Ärger. Anfang April hatten rund 70 Studierende der evangelischen Fachhochschule Rauhes Haus das angegliederte Institut für soziale Praxis (ISP) besetzt, um die derzeit dort erstellte Forschungsarbeit zu stoppen: Diese nämlich setze ihrer Meinung nach Rechtsextreme und Linksautonome annähernd gleich.
Dieser Ansicht schloss sich kurz vor Ostern auch die Hochschulkonferenz an, in der neben den Studierenden auch Professoren und der Hochschul-Direktor Michael Lindenberg vertreten sind: Mehrheitlich beschloss das Gremium, den Forschungsauftrag an das Bundesfamilienministerium zurückzugeben – mitsamt der dafür bereitgestellten 43.000 Euro.
Doch die Konferenz hat ihre Rechnung ohne Lindenberg gemacht: Dieser weigert sich nun, die halbfertige Studie sowie die zum Teil bereits verwendeten Mittel nach Berlin zu schicken. Seiner Ansicht nach hat die Hochschulkonferenz „weder den Auftrag noch das Recht, über Forschungsvorhaben oder Lehrmittel entscheiden – sie darf nicht in die Freiheit von Forschung und Lehre eingreifen“.
Folgerichtig bewertet Lindenberg den Beschluss des Gremiums lediglich „als Meinungsäußerung“, der er nicht folgen könne: „Das Projekt ist mitnichten eine Studie über Linksextremismus, wie das oft wieder dargestellt wird, und läuft noch bis Ende Juni. Wir werden das jetzt noch zu Ende bringen.“
Für die Studierendenvertretung setzt sich Lindenberg damit „bewusst über den Entschluss des höchsten demokratischen Gremiums der Hochschule hinweg und wirft damit die letzten demokratischen Mindeststandards über Bord“. Damit werde deutlich, dass der Erhalt von Drittmitteln auch am Rauhen Haus „offenbar wichtiger ist als kritische Wissenschaft“.
Weiterhin fordern die Studierenden die „sofortige Einstellung der Extremismusstudie“. Weitere Protestaktionen sind geplant. MARCO CARINI