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Archiv-Artikel

Geprüfte Vielfalt

Die Medienkommission KEK überwacht die Meinungsvielfalt – und soll nun in einer Kommission der 15 Landesmedienanstalten aufgehen. KEK-Chef Dörr befürchtet die Entwertung des Gremiums

„Nicht jede Landesmedienanstalt kann sich damit abfinden, dass die Vielfaltsprüfung in erster Instanz bei uns liegt“

AUS POTSDAM STEFFEN GRIMBERG

Ein Jahr nach dem Springer-Exempel kommt die Quittung: Mitten in der Präsentation des dritten Konzentrationsberichts der Kommission zu Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK) platzte am Donnerstag ein kleines Bömbchen mit Absender München und Mainz. Nach den Bundesländer-Planungen zur Neuordnung der Medienaufsicht wird es das bislang faktisch völlig unabhängige Sachverständigengremium ab 2008 nicht nicht mehr geben. Die KEK soll dann in einer Kommission der 15 Landesmedienanstalten aufgehen.

Bislang soll die KEK laut Rundfunkstaatsvertrag Meinungsvielfalt im Fernsehen sichern und verhindern, dass ein Unternehmen sogenannte vorherrschende Meinungsmacht erlangt. Die 2005/2006 geplante Fusion der Axel Springer AG mit der ProSiebenSat.1-Sendergruppe war von der KEK aus diesem Grunde beanstandet worden. Auch das Bundeskartellamt hatte 2006 dem Zusammenschluss die Zustimmung aus Wettbewerbsgründen versagt.

Die KEK ist schon heute formal eine gemeinsame Einrichtung der für die Lizenzierung und Kontrolle des privaten Rundfunks zuständigen Landesmedienanstalten; diese können bislang Beschlüsse der KEK mit Zweidrittelmehrheit aushebeln. Einige Anstaltschefs, allen voran der Münchner Medienanstaltspräsident Wolf-Dieter Ring, hatten die Springer-Entscheidung der KEK scharf kritisiert und gehen noch heute gegen sie vor. Die notwendige Zweidrittelmehrheit fand sich aber nicht. „Nicht jede Landesmedienanstalt kann sich damit abfinden, dass die Vielfaltsprüfung in erster Instanz bei uns liegt,“, so der KEK-Vorsitzende Dieter Dörr.

Doch die Direktoren scheinen sich durchgesetzt zu haben: Wie die für die Koordination der Medienaktivitäten der Länder zuständige Staatskanzlei Rheinland-Pfalz bestätigte, werden in der künftigen gemeinsamen Kommission neben den sechs unabhängigen Sachverständigen der KEK nun auch sechs Landesmedienanstaltschefs sitzen; der Vorsitz und das entscheidende Votum bei Stimmengleichheit immerhin soll bei einem unabhängigen Mitglied liegen.

Dieses neue Gremium wird dann nicht mehr nur für die Vielfaltskontrolle und -absicherung, sondern auch für die Zulassung bundesweit empfangbarer Rundfunkprogramme zuständig sein. Eine spätere Veränderung von Beschlüssen wie heute bei der KEK ist nicht mehr vorgesehen.

Dörr befürchtet nun, dass die Diskussion in der neuen Kommission durch jeweilige Standortinteressen beeinflusst werden könnte: „Standortinteressen sind legitime Interessen, aber nicht bei der Vielfaltssicherung.“ Dies habe sich im Fall Springer an der absurden Debatte gezeigt, zugunsten einer „deutschen Lösung“ Abstriche zu machen: Die Verhinderung vorherrschender Meinungsmacht habe Verfassungsrang, so Dörr: „Da wird es keine keine politische Entscheidung geben, die sagt, dann lassen wir eben ein bisschen vorherrschende Meinungsmacht zu.“

Dörr sieht wie alle Mitglieder der KEK in der Reform einen Schritt hin zur Entwertung der KEK. Ob und unter welchen Bedingungen er für das neue Gremium überhaupt zur Verfügung steht, könne er heute noch nicht sagen, so Dörr.

Die SPD-geführte rheinland-pfälzische Staatskanzlei, die ursprünglich eine Gremienvariante mit sechs KEK-Mitgliedern und nur zwei Anstaltsdirektoren favorisiert hatte, rechfertigte die Neuregelung dennoch als tragfähigen Kompromiss: „Unser Ziel war es, bundesweite Aufgaben zu konzentrieren. Dies hat man auf der untersten Stufe immerhin erreicht“, sagt Hans-Dieter Drewitz, in der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt Mainz für Medienpolitik zuständig, zudem hätten die Sachverständigen durch die Vorsitzposition eine Mehrheit in dem neuen Gremium. Dementsprechend sei ein späteres Kassieren unliebsamer Entscheidungen durch die Landesmedienanstalten nicht mehr möglich.

Für eine solche Einigung dürfe man, so Drewitz, „schon mal eine Kröte schlucken“.