: Einsame Briten
VON ANDREAS ZUMACH
Die Regierung von Premierminister Tony Blair hat im Konflikt um die seit über einer Woche im Iran festgehaltenen 15 britischen MarinesoldatInnen weder im UNO-Sicherheitsrat noch von der EU die erwünschte Unterstützung erhalten. Unterdessen erklärte am Freitag ein zweiter der 15 Soldaten im iranischen Staatsfernsehen, seine Einheit sei – wie von Teheran behauptet und von London bestritten wird – mit ihrem Patrouillenbooten tatsächlich in iranische Hoheitsgewässer eingedrungen.
Der UNO-Sicherheitsrat verabschiedete in der Nacht zum Freitag nach über vierstündiger Debatte eine Erklärung, die im Vergleich zu dem zuvor von Großbritannien mit Unterstützung der USA eingebrachten Entwurf in zentralen Punkten deutlich abgeschwächt wurde: Statt Iran – wie von London angestrebt – zu „verurteilen“, äußerte der Sicherheitsrat lediglich seine „tiefe Besorgnis über die Festnahme und ihre anhaltende Inhaftierung“. Auch die „Forderung nach sofortiger Freilassung der Soldaten“ konnte London im Sicherheitsrat nicht durchsetzen. Der Rat erklärte lediglich seine „Unterstützung“ für den Aufruf von UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon zu einer „baldigen Lösung der Krise, einschließlich der Freilassung der 15 Briten“. Ersatzlos gestrichen wurde aus dem Londoner Entwurf die Formulierung, die 15 Briten hätten sich „in irakischen Gewässern befunden“.
Auf Widerstand stieß der britische Entwurf unter anderem beim ständigen Ratsmitglied Russland, bei Indonesien sowie bei Südafrika, das bis zum heutigen 31. März die Ratpräsidentschaft innehat.
Zum Auftakt eines informellen Treffens der 27 Außenminister der EU gestern Nachmittag in Bremen erhielt Großbritannien rhetorische Unterstützung. „Selbstverständlich wird von hier aus ein Signal der Solidarität ausgehen“, erklärte Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier in seiner Eigenschaft als EU-Ratsvorsitzender. Der EU-Außenbeauftragte Javier Solana bezeichnete die Festnahme der britischen Soldaten als „illegal“ und forderte ihre „sofortige und bedingungslose Freilassung“. Eine entsprechende Formulierung enthielt auch der Entwurf für die Abschlusserklärung des Ministertreffens. Gegen den Wunsch der Regierung Blair, die gesamte EU solle wie Großbritannien ihre Beziehungen zum Iran suspendieren, gab es jedoch Widerstand von Frankreich und anderen EU-Mitgliedern. Auch die Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner äußerte sich skeptisch.
Um ihren Vorwurf der Grenzverletzung durch die britische Patrouille zu untermauern, veröffentlichte die iranische Führung am Freitag angeblich freiwillig zustande gekommene Aussagen von zwei britischen Soldaten. In einem Video, das der amtliche Fernsehsender al-Alam austrahlte, erklärte der Soldat Nathan Thomas: „Wir sind ohne Genehmigung in iranische Gewässer eingedrungen und wurden von der iranischen Küstenwache festgenommen. Dafür möchte ich mich entschuldigen.“ In einem Brief mit der Handschrift der Soldatin Faye Turney heißt es: „Ich schreibe an Sie als britische Soldatin, die in den Irak geschickt wurde, geopfert der Einmischungspolitik der Regierungen Bush und Blair“ (siehe Text unten). Die britische Regierung verurteilte die Veröffentlichung und zeigte sich „entsetzt über die Art und Weise, wie die gefangenen Soldaten zu Propagandazwecken missbraucht“ würden.
Zugleich kündigte das britische Außenministerium aber an, eine diplomatische Note aus dem Iran zu prüfen, die am Donnerstag im Foreign Office eingegangen war. Darin protestiert der Iran zwar gegen den „illegalen Akt der Verletzung iranischer Hoheitsgewässer“ und macht London „für die Folgen verantwortlich“, verlangt aber keine Entschuldigung. Das Foreign Office kündigte eine baldige Antwort an.