: Niedersachsen schiebt munter ab
AUSLÄNDER Im ersten Quartal sind 179 Menschen zwangsweise zurückgeführt worden. Innenministerium in Hannover rechnet mit weiter steigenden Zahlen, Flüchtlingsorganisationen sind alarmiert
Kai Weber, Flüchtlingsrat
Niedersachsen hat im ersten Quartal dieses Jahres 179 Menschen abgeschoben. Wie das Innenministerium gestern in Hannover bekannt gab, wurden die meisten Ausländer nach Polen (24), nach Serbien (23), in die Türkei (16), nach Mazedonien (12) sowie nach Georgien (8) abgeschoben. 169 Männer und Frauen wurden dabei mit dem Flugzeug zwangsweise zurückgeführt, zehn über den Landweg. Bekannt gab Innenminister Uwe Schünemann (CDU) diese Zahlen auf eine Kleine Anfrage der Linke-Abgeordneten Pia-Beate Zimmermann hin.
2010 wurden demnach im gleichen Zeitraum 158 Menschen abgeschoben, die meisten davon nach Serbien. Insgesamt wurden vergangenes Jahr 532 Menschen aus Niedersachsen abgeschoben. Die Zahl der Abschiebungen in diesem Jahr wird nach Angaben des Ministeriums weiter steigen: Das liege vor allem an der Rückführung von Serben und Mazedoniern, die seit Dezember 2009 visumsfrei einreisen können und daher 2010 zur größten Gruppe der Asylantragssteller gehörten.
„Die Steigerung zeigt die Rücksichtslosigkeit der Landesregierung“, sagte Kai Weber vom niedersächsischen Flüchtlingsrat. Viele der Abgeschobenen stammten aus Ländern, in denen ihre Sicherheit nicht gewährleistet werden könne: „Serbien gehört zu den Ländern, in denen die Menschenrechte nicht vollständig durchgesetzt werden.“
Auch viele EU-Länder, in die abgeschoben wurde, liefern aus Sicht des Flüchtlingsrats keine Gewähr für ein faires Asylverfahren. Da sich durch die Revolten in Nordafrika die Lage vieler Flüchtlinge verschlimmere, bräuchte es ein Umdenken.
Karl-Helmut Barham von der ökumenischen Gemeinschaft „Asyl in der Kirche“ wünscht sich einen neuen Umgang mit Asylbewerbern, besonders bei der Härtefallkommission: „Wir sind unglücklich über die restriktive Haltung von Herrn Schünemann.“ Die Gesetze gingen „zu wenig auf den einzelnen Menschen ein“. (dpa)