„Man ist halt gerne unter sich“

Im Landkreis Oberhavel finden Rechte, was sie suchen: nette Ecken zum Wohnen, rechte Strukturen, wichtige NPD-Funktionäre – sagt Ralph Gabriel, lokaler Streiter gegen rechts

RALPH GABRIEL, geboren 1971 in Salzburg, ist Mitglied des Oranienburger Forums gegen Rassismus und rechte Gewalt. Er ist studierter Architekt und seit 2004 Lehrbeauftragter am Otto-Suhr-Institut der FU Berlin.

taz: Herr Gabriel, warum fühlen sich Berliner NPD-Größen gerade in Oberhavel so wohl?

Ralph Gabriel: Das ist nicht eindeutig zu sagen. Erst einmal ist der Speckgürtel mit seiner Nähe zu Berlin ein attraktives Wohngebiet. Zudem treffen die NPDler hier auf eine rechtsextreme Struktur, die sich um den Leiter des rechten Deutschen Rechtsbüros Richard Miosga verfestigt hat. Dieser wohnt schon seit Jahren in Birkenwerder, stellt sein Postfach auch der NPD und den Jung-Nationalen zur Verfügung und ist anscheinend mit allen regionalen NPD-Größen verstrickt. Diese Infrastruktur scheint mir ein wichtiger Zuzugfaktor zu sein, denn es gibt schönere Ecken hier als Birkenwerder und Hohen Neuendorf. Aber man ist halt gerne unter sich.

Welchen Folgen hat das für Oberhavel?

Die Auswirkungen der Zuzüge können wir jetzt schon spüren: Die NPD tritt in Oberhavel wieder stärker in Erscheinung. Sie traute sich etwa, mit Postwurfsendungen gegen unsere Antira-Demo am vergangenen Mittwoch mobil zu machen. Zudem liefen NPD-Vertreter ganz dreist im Demozug mit. Daneben wird zunehmend eine sanfte Seite ihres Rassismus gefahren: ein völkischer und deutscher Ethnopluralismus.

Gibt es denn einen besonderen rechten Wählerzuspruch in Oberhavel?

Den würde ich weniger in Birkenwerder und Hohen Neuendorf sehen, wo sich ja Nahrath, Hähnel und Palau niedergelassen haben, als in manchen Gegenden von Hennigsdorf und Velten. Dort haben sich seit gut zwanzig Jahren rechte Strukturen etabliert. Das könnte nun aber auch in Birkenwerder und Hohen Neuendorf drohen. Denn wo NPD-Mitglieder aktiv wohnen, entwickeln sie ein nicht unbedeutendes Mobilisierungspotenzial gerade bei Jugendlichen.

Stella Palau war leitend in einem Familienzentrum tätig – ist das nicht ein Paradebeispiel der bürgerlichen Integration, wie die NPD sie propagiert?

Das kann man wohl sagen. Die Rechten fressen Kreide, geben sich sympathisch und eloquent. Es muss nicht gleich verdächtig sein, wenn eine Frau in ihrer Müttergruppe deutsche Kuchenrezepte ausprobieren will. Bei Stella Palau ist es das schon. Da war das eindeutig politisch gemeint.

Hätten die Mitarbeiter im Familienzentrum nicht misstrauisch werden müssen?

Palau hat das sehr geschickt gemacht und sich nicht zu erkennen gegeben. Als bekannt wurde, wer wirklich dahintersteckt, ist das den Frauen in alle Glieder gefahren. Man ist auf dem Land aber manchmal noch etwas blauäugig.

Ist es ein Zufall, dass es gerade Stella Palau als Frau so gut gelang, Sympathien zu ernten?

Nein. Frauen in der NPD stehen für Soziales, gelten als weniger radikal und vertreten oft die vordergründig gesellschaftsfähigen Anliegen der Partei. Diese scheinbare Harmlosigkeit ist eine große Gefahr.

Was können lokale Vereine gegen Interventionen der NPD tun?

Das Familienzentrum Hohen Neuendorf hat gezeigt, wie’s geht: wenn solch ein Fall bekannt wird, klar distanzieren. Gerade bei einer so hinterhältigen Angelegenheit muss man zeigen, wo Schluss ist. Ansonsten braucht man ein wachsames Auge, eine öffentliche Diskussion und den bürgerlichen Protest. Der scheint sich jetzt hier ja bereits zu regen: Da kommt hoffentlich eine starke Gegenbewegung zur NPD in Gang.

INTERVIEW: KONRAD LITSCHKO