Schäuble braucht Goodwill der Länder

Neue Befugnisse fürs Bundeskriminalamt hängen doppelt vom Wohlwollen der Länder ab. Sie müssen dem Gesetz zustimmen und im Einzelfall oft noch das BKA beauftragen. Schleswig-Holsteins Innenminister sieht keinen Grund für große Änderungen

Wenn Schäuble mit seinem BKA-Gesetz zu viel verlangt, könnte er leicht scheitern

VON CHRISTIAN RATH

Dass Bürgerrechtler neue Befugnisse für das Bundeskriminalamt kritisch sehen, dürfte niemanden überraschen. Skepsis gibt es aber auch in den Ländern. Mancher Innenminister hat Angst, dass das BKA bei der Terrorismusbekämpfung die Landespolizeien an den Rand drängt. Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) will, dass das BKA künftig präventiv Telefone und Wohnungen abhören, Computer ausspähen, Rasterfahndungen durchführen sowie Mautdaten nutzen kann.

„Unsere bisherige Sicherheitsarchitektur hat sich bewährt“, sagt etwa der Kieler Innenminister Ralf Stegner (SPD), „ich sehe keinen Grund für gravierende Änderungen.“ Kritik ist kommt auch aus dem nordrhein-westfälischen Innenministerium. „Das BKA soll keine präventive Schnüffel-Polizei werden“, sagt eine Sprecherin von Minister Ingo Wolf (FDP). In Bayern ist man dagegen mit der Grundrichtung einverstanden, will aber noch genau prüfen, ob all die neuen Maßnahmen auch vom BKA zur Prävention eingesetzt werden sollen.

Die Skepsis hat historische Gründe. In die Strafverfolgung war das BKA schon immer eingeschaltet, vor allem wenn der Generalbundesanwalt die Ermittlungen übernommen hat. Bei der Abwehr künftiger Gefahren und Straftaten hat das Amt bislang aber noch keine Kompetenzen. Die Prävention war eine ausschließliche Domäne der Landespolizei.

In Zeiten global agierender Terrorzellen setzte sich BKA-Chef Ziercke aber dafür ein, auch seiner Behörde präventive Befugnisse zu geben: „Jeder Dorfpolizist darf Gefahren abwehren, nur wir nicht. Das kann nicht sein.“ Im Zuge der Föderalismusreform gaben die Länder nach. Wenn es um „Gefahren des internationalen Terrorismus“ geht, kann auch das BKA präventive Befugnisse erhalten, so lautet die Neuregelung im Grundgesetz. Das Nähere muss aber erst in einem Gesetz geregelt werden, an dem Schäuble gerade arbeitet.

So gesehen, ist es ganz schön kühn, wie Schäuble nun vorgeht. Er will nicht nur, dass das BKA Gefährder beobachten oder befragen kann, das BKA soll auch Sonderbefugnisse erhalten, die derzeit nicht einmal den Landespolizisten zur Verfügung stehen, zum Beispiel die Nutzung der Mautdaten oder das heimliche Ausspähen von Computern.

Schäuble muss sein Projekt nun politisch und rechtlich wasserdicht machen. Auf beiden Ebenen haben die Länder ein Wort mitzusprechen. Für die Änderung des BKA-Gesetzes ist nicht nur eine Mehrheit im Bundestag erforderlich, sondern auch im Bundesrat. Verlangt Schäuble zu viel, könnte er an den Ländern scheitern, die keine zentrale Super-Polizei wollen.

Rechtlich wird es nicht nur um die Grundrechte der Bürger, sondern auch um die Rechte der Länder gehen. Die Grundgesetzänderung vom letzten September sieht nämlich enge Grenzen für die präventiven BKA-Befugnisse vor. Einerseits kann das BKA in Eilfällen eingreifen, „wenn die Zuständigkeit einer Landesbehörde nicht erkennbar ist.“ Klassischer Fall: Ein islamistischer Gefährder steigt in Holland in den Zug und niemand weiß, in welchem Bundesland er aussteigen wird. Hier kann das BKA observieren.

Für langfristige Maßnahmen, wie eine präventive Rasterfahndung, passt diese Konstellation aber nicht. Hier hilft nur die zweite Alternative, dass ein Landesinnenminister das BKA „um Übernahme“ der Gefahrenabwehr ersucht. Insofern wären die präventiven BKA-Befugnisse, auch wenn sie auf dem Papier sehr weitgehend aussehen, immer wieder neu vom Wohlwollen der Länder abhängig.