Keine Straßenbahn soll aufs Abstellgleis

Der Ausbau des Straßenbahnnetzes im Westteil der Stadt kommt nur zögernd voran, sogar Streckenstilllegungen haben die Verkehrsbetriebe ins Gespräch gebracht. Solche Pläne lehnen Senat und Umweltverbände aber ab

Die Zeit größerer Straßenbahnneubauten ist vorbei – aber manchmal helfen kurze neue Abschnitte, den Service zu verbessern. Das Teilstück der Straßenbahn M2 zwischen Prenzlauer Tor und Alexanderplatz, das am 30. Mai eröffnet wird, ist so ein Abschnitt. Rund 18 Millionen Euro hat er gekostet, etwa 20.000 Fahrgäste sollen die Strecke täglich nutzen. Für viele Prenzlberger und Heinersdorfer im Umfeld der Prenzlauer Allee verbessert sich damit die Verkehrsanbindung: Sie kommen nun ohne Umsteigen zum Alex – und haben hier Anschluss an die Stadtbahn, vor allem Richtung Hauptbahnhof.

Ein Traum vieler Prenzelberger braucht aber noch lange, um erfüllt zu werden: die direkte Straßenbahnanbindung des neuen Hauptbahnhofes über die Invalidenstraße und Kastanienallee. Das Planfeststellungsverfahren für den Trassenneubau in der Invalidenstraße sei eine sehr komplizierte Sache, so Manuela Damianakis, Sprecherin der Senatsstadtentwicklungsverwaltung. Frühestens 2011 werde die Strecke fertig sein. Ursprünglich sollte die Verbindung schon zur Eröffnung des Bahnhofs stehen. Der Bau verzögerte sich aber wegen der Diskussion über die Fahrstrecke und die Überprüfung mehrerer Varianten.

Weitere Neubaupläne werden derzeit nicht verfolgt; gestorben sind sie damit noch nicht, aber auf Eis gelegt. Das betrifft etwa die Straßenbahnanbindung des Potsdamer Platzes über die Leipziger Straße. Ähnlich ergeht es der Verbindung von Friedrichshain über die Oberbaumbrücke nach Kreuzberg, die vor 15 Jahren noch alternativ zur Verlängerung der U-Bahn-Linie von der Schlesischen zur Warschauer Straße diskutiert worden war. Hätten sich die Straßenbahnfans damals an dieser Stelle durchgesetzt, müssten heute tausende Berufspendler, die aus dem Berliner Osten am Bahnhof Warschauer Straße in die U1 umsteigen, ein Stummelstückchen Tramfahrt auf sich nehmen.

Eine Streichung von Straßenbahnlinien, wie sie immer wieder von den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG) ins Spiel gebracht wird, soll es laut Damianakis nicht geben. „Wir sind für den Erhalt aller Tramlinien.“ Allenfalls in Einzelfällen, die sehr gut begründet werden müssten, könne man über eine Streckenstilllegung nachdenken.

Solche Ansinnen lehnt der Umweltverband BUND kategorisch ab. „Es ist ärgerlich, dass die BVG intern einige Strecken schon aufs Abstellgleis schieben will“, kritisiert Verbandsverkehrsexperte Martin Schlegel. Stattdessen müsste der Ausbau des Netzes vorangehen. „Da wünschen wir uns vom Senat mehr.“ Nötig sei die Strecke über die Leipziger Straße zum Potsdamer Platz und über den Hauptbahnhof hinaus weiter Richtung Moabit. RICHARD ROTHER