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Archiv-Artikel

FDP will doch kein Raucherparadies

Niedersachsens Ministerpräsident Wulff plant den laxesten Nichtraucherschutz in Deutschland. Ausgerechnet sein Koalitionspartner FDP, stets Kämpfer für die Raucherrechte, schwenkt um. Das macht die Liberalen auf Bundesebene „traurig“

AUS BERLIN GEORG LÖWISCH

Bisher war Niedersachsen eins der letzten tabakfreundlichen Länder. Doch nun schwenkt ausgerechnet die mit der CDU regierende FDP um, die bundesweit die Freiheit der Raucher verficht und gute Beziehungen zur Zigarettenindustrie pflegt. „Nichtrauchende Gäste und Servicekräfte müssen das Recht haben, passiv nicht mitrauchen zu müssen“, sagte Jörg Bode, parlamentarischer Geschäftsführer der FDP im Landtag, der taz: „Deshalb wäre es sinnvoll, eine andere Regelung zu finden, als wenn sich jedes Lokal einfach nur mit einem R kennzeichnet.“

Genau diese so genannte R-Regelung ist die Erfindung von Ministerpräsident Christian Wulff (CDU): Die Wirte sollen selbst entscheiden – sie müssten ihren Laden nur mit einem R kennzeichnen. Das Kabinett hat bereits einen entsprechenden Beschluss gefasst. Damit wich Niedersachsen von der Ländermehrheit ab, die den Qualm nur noch in abgetrennten Nebenräumen von Gaststätten dulden will. Nur Nordrhein-Westfalens CDU-FDP-Regierung, das unionsregierte Saarland sowie SPD und CDU in Bremen prüfen, ob sie Raucherkneipen künftig zulassen. In Baden-Württembergs CDU-FDP-Koalition konnten die Liberalen ihren Wunsch nach Raucherkneipen nicht durchsetzen.

Für seine qualmfreundliche Politik wurde Wulff bundesweit geprügelt. Am Sonntag fand er sich auf der Titelseite der Bild am Sonntag: „Wulff: Geld von der Tabak-Industrie“. Es ging um 2.500-Euro-Spenden von Zigarettenfirmen für Feste der Landesregierung und Reemtsma-Anzeigen im Parteimagazin. Derartige Zuwendungen nehmen auch Regierungen und Parteien, die scharfe Rauchverbote planen. Doch Käuflichkeit ist ein hässlicher Vorwurf, in seinem Internet-Gästebuch wurde der eigentlich so populäre Politiker als „Drogenwulff“ beschimpft. Der Regierungschef ließ seinen parlamentarischen Geschäftsführer erst einmal beschwichtigen: Der Gesetzentwurf werde innerhalb der CDU-Landtagsfraktion noch ausführlich debattiert.

Dumm für Wulff: Die FDP, bisher treibende Kraft hinter seiner qualmfreundlichen Politik, fordert nun „stringenten und umfassenden“ Nichtraucherschutz: „Eine Trennung der Gaststätten nach Quadratmetern oder dem Speiseplan ist verfassungsrechtlich nicht tragfähig“, sagte der Liberale Bode: „Nur das Baurecht wäre eine Möglichkeit, zu differenzieren: zwischen Betrieben, die über einen abgetrennten Nebenraum verfügen, und anderen, die keinen haben.“ Dies wäre die harte Linie der Ländermehrheit.

Auf Bundesebene ist die FDP enttäuscht von den Parteifreunden. „Wir wollen nicht in einem durchregulierten Schnüffelstaat leben“, sagte Detlef Parr, drogenpolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion. „Dass die Niedersachsen jetzt auf Druck der Bild einknicken, finde ich ganz traurig.“ Parr fordert, den Wirten nur eine Kennzeichnungspflicht abzuverlangen. Seine Hoffnungen ruhen nun auf Nordrhein-Westfalen: „Ich bin zuversichtlich, dass die Linie wenigstens in Düsseldorf durchgehalten wird.“ Und Niedersachsen? „Mein Appell lautet: Kurs halten.“

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