: Gebremstes Rasen schont die Nerven
Tempo 30 auf Hauptstraßen führt zu weniger Unfällen, Lärm und Abgasen – auch wenn sich keiner wirklich daran hält
Autos, die langsamer fahren, machen weniger Dreck, Lärm und Unfälle. Diese Binsenweisheit hat die Verkehrsverwaltung jetzt bewiesen – und damit nachträglich die Einführung von einigen Tempo-30-Abschnitten auf Hauptverkehrsstraßen begründet. „Die Ergebnisse nach einem Jahr Tempo 30 in ausgewählten Hauptverkehrsstraßen sind in der Tendenz positiv“, sagte Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) gestern.
Im Herbst 2005 wurde auf 16 Abschnitten des Hauptstraßennetzes die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf 30 Kilometer pro Stunde herabgesetzt – unter anderem in der Oranienstraße und der Skalitzer Straße in Kreuzberg, der Brunnenstraße in Mitte und der Grünberger Straße in Friedrichshain. Fünf der 16 Abschnitte wurden systematisch untersucht, und zwar drei Monate lang vor Einführung der Geschwindigkeitsreduzierung und drei Monate danach. Ausgewählt wurden jeweils die ersten drei Monate des Jahres 2005 bzw. 2006, um statistische Effekte jahreszeitlicher Schwankungen auszuschließen.
Ergebnis: Die Tempo-30-Einführung führte zu einer Reduzierung der durchschnittlichen Geschwindigkeit um maximal 10 Kilometer pro Stunde – ohne Überwachung durch die Polizei. Nur in einer Straße sorgte ein Blitzer für eine deutlich größere Minderung der Geschwindigkeit. In der Rummelsburger Hauptstraße lag die durchschnittliche Geschwindigkeit zum Beispiel vorher bei knapp 60 km/h, nachher bei knapp 50 km/h. Tempo 30 führte also zu einer Reduzierung der Geschwindigkeit, die aber noch deutlich über der zulässigen liegt.
In allen ausgewerteten Abschnitten wurde der Verkehr leiser, die Lärmminderung fiel aber unterschiedlich stark aus. Bei einem guten Fahrbahnzustand war der Rückgang des Lärms nur leicht, bei einer schlechten Straße mit Steinpflaster wie etwa in der Wisbyer Straße in Prenzlauer Berg wurde ein starker Rückgang erzielt. Tempo 30 führte in der Tendenz offenbar auch zu weniger Unfällen, allerdings ist dieses Ergebnis wegen geringer Fallzahlen statistisch noch nicht belastbar. Hier muss ein längerer Zeitraum beobachtet werden. Relativ gering fiel die Reduzierung bei den Schadstoffen aus: So führte Tempo 30 nur zu 5 Prozent weniger Feinstaub und zu 13 Prozent weniger Stickoxid.
RICHARD ROTHER AINARA TIEFENTHÄLER