Zum Abschied Selbstkritik

DIE ALB MACHT SCHLUSS

Eine Antifa-Gruppe löst sich auf – und macht damit Schlagzeilen in der sogenannten bürgerlichen Presse. Das ist nicht unbedingt üblich, aber die Antifaschistische Linke Berlin (ALB) war auch keine übliche Antifa-Gruppe.

Vor elf Jahren gründete sich die Gruppe, hervorgegangen war sie aus der Antifaschistischen Aktion Berlin (AAB). Die ALB machte von Anfang an vieles anders als üblich in der Antifa: Mit der Presse reden, breite Bündnisse eingehen, die Gruppe öffnen. Demonstrationen wie etwa zum 1. Mai wurden gemeinsam mit Vertretern von Gewerkschaften oder Parteien organisiert – die dann im Nachhinein oft mächtig herumruderten, wenn es doch wieder zu Ausschreitungen gekommen war.

Denn auch wenn die ALB nie auf autonome Kleingruppenkrawalle ausgerichtet war, musste sie nicht nur beim Verfassungsschutz, sondern auch in vielen Medien oft als das Paradebeispiel für steinewerfende Kapuzenpulloverträger herhalten, also für das, was sich viele beim Stichwort „Antifa“ ausschließlich vorstellen. Immer wieder sah sich die Gruppe und einzelne ihrer Mitglieder mit heftigen Repressionen konfrontiert. Fernsehberichte über ihre Aktivitäten wurden gern mit gruselig-dramatischer Musik unterlegt.

Die ALB war, Kapuzenpullover hin oder her, eine Brücke zwischen dem autonomen Antifa-Spektrum und bürgerlicher orientierten Akteuren, und das sehr erfolgreich. Trotzdem reichte es zum Schluss nicht mehr, um weiterzumachen – zu unterschiedlich die Vorstellungen in der eigenen Gruppe, zu viel Frust und zu wenig neue Impulse. Die Auflösungserklärung ist nachdenklich und selbstkritisch gehalten, große Töne findet man dort nicht, eher etwas Wehmut. Gerade wegen dieser Fähigkeit zur Selbstkritik ist es schade um die ALB. Viele ihrer Ansätze aber lassen sich längst in so vielen anderen Gruppen finden, dass ihr Erbe noch eine ganze Weile tragen wird. MALENE GÜRGEN