Wenn der Ex-Freund Amok läuft

Ein Mann muss sich vor Gericht wegen Stalking gegen seine Ex-Freundin verantworten

Das Gewaltschutzgesetz ist seit 2002 in Kraft. Seither sind viele Wegweisungen bei häuslicher Gewalt ausgesprochen worden. Aber dass sich ein Ex-Lebensgefährte wegen Stalking vor dem Kadi verantworten muss, ist eher die Ausnahme. Auch Susanne Müller (Name geändert) zeigte ihren Ex-Freund erst an, als sie aufgrund von Stalking psychosomatisch erkrankt ist. Nikolaos N. (39) muss sich nun vorm Amtsgericht Harburg verantworten.

Die 40-jährige Arbeiterin hatte sich im Dezember 2005 von ihrem griechischen Partner getrennt. Kurz darauf habe der Telefonterror begonnen – Anrufe zu Hause und auf dem Handy. „Ich sollte zu ihm zurückkommen“, berichtet sie. Dabei habe es Beschimpfungen gehagelt. „Du bist eine Drecksau“. Titulierungen wie „Nutte“ und „Schlampe“ seien gefolgt. Als N. die rote Karte vom Gericht bekam, war erstmal Ruhe. Susanne Müller willigt später in einen Vergleich ein, als ihr „Ex“ beteuert, sie nicht mehr zu belästigen.

Doch im Mai 2006 geht der Terror wieder los. Da Müller inzwischen eine neue Festnetz- und Handynummer hat, habe N. nun im Betrieb angerufen. „Die Arbeitskollegen haben alles mitgekriegt“, berichtet sie unter Tränen. Und Morgens habe er ihr auf dem Weg zur Arbeit aufgelauert. Nachts habe er Steine gegen ihr Wohnzimmerfenster geworfen. „Ich hab’ es nicht mehr ausgehalten“, bekräftigt sie. „Ich konnte nicht mehr Schlafen.“ Plötzlich habe er sogar am Werkszaun gestanden, vor Kollegen laut „Schlampe“ gegrölt und ein Kondom über den Zaum geworfen.

Nikoloas N. schweigt. Er gibt sich gelangweilt während der Aussage seiner „Ex“. Das macht es der jungen Amtsrichterin Mittler nicht einfach. Einerseits merkt sie, dass ihre detaillierten Fragen Susanne Müller oft an emotionale Grenzen bringen, andererseits muss sie strafprozessual wegen der Aussageverweigerung Ns. ein Indiz haben, dass ihre Aussage stimmt. „Wir müssen hier ihre Angaben nachprüfen, das ist das Schwierige“, entschuldigt sie sich. „Sie haben drei Tage hintereinander die Polizei aufgesucht, das ist schon gruselig.“ Als nächstes sollen nun die damaligen Verhörbeamten der Polizei aussagen. Kai von Appen