: Annäherung in der Ukraine
Der ukrainische Ministerpräsident Janukowitsch erfüllt eine Forderung von Präsident Juschtschenko und schließt Überläufer wieder aus der Regierungsfraktion aus
KIEW/LONDON afp/dpa ■ Die Parlamentsmehrheit in der Ukraine hat eine der Hauptforderungen von Präsident Wiktor Juschtschenko erfüllt. Die Koalitionsfraktionen von Ministerpräsident Wiktor Janukowitsch schlossen gestern elf kürzlich aufgenommene Überläufer der Opposition wieder aus ihren Reihen aus, wie die Agentur Unian in Kiew meldete. Sie strichen den Paragrafen der Parlamentsgeschäftsordnung, der den Übertritt von Abgeordneten von einer Fraktion zu einer anderen ermöglicht hatte.
Durch den Beschluss habe die Parlamentsmehrheit die Auflösung der Obersten Rada als rechtmäßig anerkannt, kommentierte die Partei von Oppositionsführerin Julia Timoschenko den Beschluss. Der Präsident hatte seinen Erlass damit begründet, dass die Vergrößerung der Fraktionen durch abgeworbene Abgeordnete gegen die Verfassung verstoße. Juschtschenko hatte am Montag die Oberste Rada für aufgelöst erklärt und Neuwahlen für den 27. Mai angesetzt.
Regierungschef Wiktor Janukowitsch kündigte am Donnerstag an, das Ausland zur Lösung der Krise um Hilfe zu bitten. Er habe den österreichischen Bundeskanzler Alfred Gusenbauer um Vermittlung im Streit zwischen Regierung und Präsident Wiktor Juschtschenko gebeten, sagte der Ministerpräsident in Kiew. Darüber hinaus will Janukowitsch europäische Rechtsexperten um Hilfe bitten, um den Konflikt im Land nicht eskalieren zu lassen. Zudem wolle er die Staatschefs benachbarter Länder, vor allem Polens und Russlands, um Hilfe bitten, wenn Juschtschenko seine umstrittenen Erlasse umsetze. Dieser warnte Janukowitsch davor, die ukrainische Bevölkerung aufzuhetzen. Juschtschenko hatte zuvor bei einer Krisensitzung des nationalen Sicherheitsrats seine Entscheidungen bekräftigt.
Die ehemalige Regierungschefin Julia Timoschenko warf Janukowitsch unterdessen in der britischen Times Bestechung vor. Einzelnen Parlamentariern seien nach Angaben Timoschenkos für einen Frontenwechsel bis zu fünf Millionen Dollar (3,7 Millionen Euro) geboten worden. In weiteren Fällen seien Abgeordneten Ministerposten in Aussicht gestellt worden, sagte die ehemalige Verbündete von Präsident Juschtschenko der Zeitung. „Deshalb hat die Regierung die Zahl der Ministerposten fast verdoppelt.“
Janukowitsch stellte dem gegenüber klar, dass er keine Absetzung Juschtschenkos plane. „Wir gehen der Frage einer Absetzung nicht nach“, sagte der Regierungschef am Donnerstag vor Journalisten in Kiew. „Wir wollen vermeiden, dass sich die Lage verschlechtert.“ Janukowitsch verwies darauf, dass das Verfassungsgericht darüber entscheiden müsse, ob Juschtschenkos Anordnung zur Auflösung des Parlaments rechtens sei.