: Der Neubau steht
SAMMELN 2,3 Millionen Euro haben die taz-Leser bereits ins neue Haus investiert. Der Geschäftsführer findet: Es läuft famos an
KALLE RUCH, GESCHÄFTSFÜHRER DER TAZ
VON SEBASTIAN HEISER
Wie lange dauert es wohl, 6 Millionen Euro Kapital für den Neubau eines taz-Verlagsgebäudes einzuwerben? Die Genossenschaft der taz hatte sich vorgenommen, dieses Geld innerhalb von acht Monaten von den Lesern und Sympathisanten zusammenzubekommen.
Vor drei Wochen fiel der Startschuss – und die taz-Mitarbeiter wurden vom ersten Tag an mit Rückmeldungen überflutet: 2,3 Millionen Euro sind es bereits. „Es läuft ganz famos an“, sagte Verlagsgeschäftsführer Kalle Ruch am Samstag auf der Generalversammlung der Genossenschaft vor fast 400 Mitgliedern.
Das bisherige Geld stammt fast ausschließlich von Menschen, die bereits Mitglieder der taz-Genossenschaft sind. Die eigentliche öffentliche Werbekampagne – mit Flyern, die anderen Zeitungen beigelegt werden – hat noch gar nicht begonnen. Für Ruch steht das Ergebnis jetzt schon fest: „Wir werden die 6 Millionen auf diesem Weg zusammenbekommen.“
Die taz will mit dem Geld in Berlin-Kreuzberg, wenige hundert Meter vom jetzigen Standort entfernt, bis 2017 einen neuen Verlagssitz bauen. Das derzeit genutzte Gebäude soll nicht verkauft, sondern vermietet werden. Für die taz bedeutet das einen großen Schritt, die Zukunft der Zeitung langfristig zu sichern – und so war auch die Stimmung unter den Mitgliedern der Genossenschaft. Der Hausbau sei „eine vermögensbildende Maßnahme und eine gute Kapitalbasis für die Genossenschaft“, so Kalle Ruch. Auch die Zahlen für das Geschäftsjahr 2013 sind positiv: Die Einnahmen sind um 640.000 Euro auf 26,5 Millionen Euro gestiegen. Da die taz keine finanzielle Rendite an ihre Eigentümer auszahlen muss, kann sie es sich erlauben, die Einnahmen komplett auszugeben – oder zumindest fast komplett: Unter dem Strich blieb am Jahresende ein kleiner Überschuss von 55.000 Euro übrig.
Schon seit mehr als 20 Jahren steigen die Einnahmen der taz kontinuierlich, die Medienkrise ist an dem Verlag bisher vorbeigegangen. Sinkende Einnahmen bei der täglichen gedruckten Ausgabe hat die taz durch neue Angebote ausgeglichen: Das Wochenend-Abo, das E-Paper-Abo, die Le Monde diplomatique, den „Atlas der Globalisierung“, den taz-Shop und freiwilliges Bezahlen für taz.de. Und mit dem Neubau werden auch die Kosten für die Miete externer Räume wegfallen: Die taz ist so stark gewachsen, dass ein Drittel der Mitarbeiter ihren Arbeitsplatz außerhalb des Rudi-Dutschke-Hauses haben. „Wir sind durchaus Teil des kapitalistischen Systems“, sagte Kalle Ruch. „Wir wachsen ja sehr langsam, aber zum Glück wachsen wir und können so steigende Kosten und höhere Löhne finanzieren.“
Insgesamt soll das Haus mit Grundstück knapp 20 Millionen Euro kosten. Davon sind 3,4 Millionen Euro staatliche Wirtschaftsfördermittel, gut 3 Millionen hat die taz auf der hohen Kante, und der Rest sollte über das Kapital der Leser in Höhe von 6 Millionen Euro und über ein Bankdarlehen von 7,5 Millionen Euro kommen. Angesichts des großen Erfolgs beim Kapitaleinwerben wird jetzt in der Geschäftsführung schon darüber nachgedacht, weniger Schulden bei der Bank und dafür mehr bei den Lesern aufzunehmen.
Die Beteiligung an dem taz-Haus funktioniert wie ein Darlehen: Wer sein Geld der taz für fünf Jahre leiht, bekommt 2 Prozent Zinsen, bei zehn Jahren sind es 2,5 Prozent. Voraussetzung ist allerdings die Mitgliedschaft in der taz-Genossenschaft, ein Anteil dort kostet 500 Euro und wird nicht verzinst. Im Gegenteil: Wer seinen Anteil zurückgibt, bekommt derzeit wegen der hohen bilanziellen Verluste in der Vergangenheit nur 382,21 Euro ausgezahlt.
Damit dürfte die Hauptmotivation für die Kapitalgeber weiterhin nicht die finanzielle Rendite sein. „Eine linke überregionale Tageszeitung zu machen war noch nie eine gewinnbringende Geschäftsidee“, sagte Ruch. Stattdessen steht etwas anderes im Vordergrund, so die Erfahrung von Genossenschaftsleiterin Konny Gellenbeck: „Der Genossenschaftsgedanke und die Zeitung taz sind so attraktiv für viele Menschen, dass sie sagen: Da mache ich mit, dafür gebe ich Geld.“ Auch auf der Versammlung nutzen viele Mitglieder die Möglichkeit, Details zu den Finanzen nachzufragen. Die taz hat die Kalkulation auch im Internet offengelegt: