: Götz rettet seinen Kopf – vorerst
Hertha holt gegen Bielefeld mit Mühe einen Punkt. Dank des Unentschiedens ist die Debatte um den Trainer leiser geworden, verstummt ist sie nicht. Viele Fans fordern den Rücktritt von Falko Götz – und von Manager Hoeneß
VON JOHANNES KOPP
Vielleicht war der Ostersamstag der letzte Arbeitstag für Falko Götz als Hertha-Trainer. Manager Dieter Hoeneß mochte sich nach dem mageren 1:1 gegen Arminia Bielefeld zu dieser Spekulation nicht äußern. Er erklärte: „Ich sage dazu grundsätzlich nichts. In dem Moment, wo man anfängt, auf solche Fragen im Detail einzugehen, macht man schon einen Fehler.“ Um Details hatte ihn niemand gebeten. Doch Hoeneß verdeutlichte somit zumindest, dass die Trainerfrage nach acht sieglosen Spielen in Folge nicht mehr mit einem klaren Ja oder Nein beantwortet werden kann. Es besteht Diskussionsbedarf. Das bestätigte auch Aufsichtsratschef Werner Gegenbauer am Sonntag. Er kündigte an, die Vereinsführung wolle die Situation in den nächsten Tagen genau analysieren und dann mit dem Trainer sprechen.
Wenn Patrick Ebert in der 71. Minute nicht zum Ausgleich gegen Bielefeld getroffen hätte, wäre die Lage klarer gewesen. Vieles sprach bis dahin für eine Entlassung von Götz. Das Team trat vor allem in der ersten Halbzeit verschreckt und verunsichert auf, ein Missverständnis löste das nächste ab. „Wir waren völlig verkrampft“, stellte Torwart Christian Fiedler fest. Selten konnte der Ball über mehrere Stationen gehalten werden, sodass man mit der Zeit dazu überging, den Ball planlos nach vorne zu schlagen. Das Team scheint prinzipiell von der rauen Realität des Abstiegskampfes überfordert zu sein. Je größer der Druck wird, desto dürftiger fallen die Darbietungen aus.
Manager Hoeneß verharrte am Ostersamstag oben auf seinem Tribünensessel, anstatt sich wie sonst üblich für die Schlussphase auf die Bank am Spielfeldrand hinunterzusetzen. Die Distanz zum Trainer war gewiss bewusst gewählt. Das Spiel hätte nämlich durchaus noch einmal zu Ungunsten der Berliner kippen können. Josip Simunic handelte sich direkt nach Eberts Treffer eine gelbrote Karte ein – und dies eröffnete den Bielefeldern in den letzten Minuten nochmals große Spielräume. „Notfallpläne sind für Notfälle da“, beschied Hoeneß hernach den Journalisten. Es drängte sich der Eindruck auf, dass am Samstag nur wenig gefehlt hatte, um diesen Ausnahmezustand auszurufen.
Dafür ist nun die Ungewissheit, wie es weitergehen soll, umso größer. Das Unentschieden ist ein gefährliches Ergebnis. Der Fünf-Punkte-Abstand zu den Abstiegsplätzen konnte zwar gehalten werden, der Druck auf das Team wächst aber weiter. Denn je mehr sich die Saison dem Ende zuneigt, desto weniger hätte man im Falle eines weiteren Abrutschens noch die Möglichkeit gegenzusteuern. Angesichts des dünnen Nervenkostüms der Hertha-Profis ist eine Fortsetzung der Misere ein ernstzunehmendes Szenario – zumal die Geduld der Hertha-Fans erschöpft ist. Sie pfiffen das Team nieder und skandierten „Götz raus“ und „Hoeneß raus“.
Wie gerüchtehalber zu hören ist, wird bereits Karsten Heine, der Coach der Hertha-Amateure, als Nachfolger von Götz gehandelt. Michael Preetz aus dem Management soll ihm angeblich zur Seite gestellt werden. Es wäre eine kostengünstige Lösung für die klamme Hertha, die aber wenig frischen Wind versprechen würde.
Denn beide sind Lakaien im Hofstaat von Dieter Hoeneß, der bereits vor der Partie gegen Bielefeld das Heft des Handelns in die Hand genommen hatte. Hoeneß erklärte Mitte vergangener Woche die Zeit des Schönredens für beendet und statuierte sogleich an Marko Pantelic ein Exempel. Er warf dem Stürmer in aller Öffentlichkeit vor, zu wenig zu arbeiten und sich zu sehr mit eventuell neuen Arbeitgebern zu beschäftigen. Götz folgte Hoeneß millimeterdicht wie ein Windschattenfahrer und beteuerte: „Ich stehe absolut hinter diesen Aussagen.“ Als sich Pantelic danach für zwei Tage krankmeldete, deutete Götz an, ihn gegen Bielefeld erst gar nicht aufzustellen. Überraschenderweise stand der Serbe am Samstag dann doch in der Startelf. Am Vortag, berichtete Hoeneß, habe er ein sehr gutes Gespräch mit Pantelic und seinem Berater geführt. Ein Umstand, der offenbar Einfluss auf Götz’ Sinneswandel hatte.
Hoeneß selbst hält den folgsamen Götz nicht für das Problem bei Hertha. Kürzlich, erzählt der Manager, habe er der Mannschaft die Vorrunden- und Rückrundentabelle aufgehängt. Hier Platz fünf, dort Platz 18. Hoeneß analysierte: „Da muss dazwischen etwas passiert sein.“ Und erklärte: „Das sind Prozesse in der Mannschaft, die nicht stimmen. Mit dem Trainer hat das nichts zu tun.“ Mit seiner Kritik an Pantelic habe er „Bewusstseinsprozesse“ im Team in Gang bringen wollen. Die Mannschaft wisse nun, worum es geht. Dass am vergangenen Samstag davon nichts zu sehen war, irritierte Hoeneß nicht. Er sagte: „Leistung kann man nicht auf Knopfdruck abrufen.“