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Archiv-Artikel

fahrscheinideen Junge-Reyers schöne Worte

Mit schönen Vorschlägen zum Bus- und Bahnfahren lässt es sich immer punkten, besonders wenn Ostern, also nachrichtenarme Zeit ist. Das weiß Verkehrssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD). Für ihren Vorschlag, die Hin- und Rückfahrt mit dem Einzelfahrschein wieder einzuführen, gibt es keinen Anlass. BVG und S-Bahn haben gerade erst die Preise erhöht, neue Verhandlungen stehen nicht an. Ist Junge-Reyers Idee also nur populistische Ankündigungsprosa? Sie kann mehr sein – wenn die Senatorin es ernst meint.

KOMMENTAR VON ULRICH SCHULTE

Natürlich wäre es richtig, mit dem Einzelticket Fahrten in alle Richtungen zu erlauben – wie es vor 2004 der Fall war. Ein solches Angebot macht Busse und Bahnen gerade für Gelegenheitsfahrer attraktiv. Ob es nun die Einkaufstour, die Fahrt zum Arzt oder ein Kurzbesuch bei Freunden ist: Wer für solch kleine Besorgungen nur ein Ticket kaufen muss, fühlt sich ernst genommen und fährt gerne wieder. Wer hin und zurück über 4 Euro löhnt, fühlt sich abgezockt. Fakt ist: Mit der Einführung des Einbahntickets vor drei Jahren haben BVG und S-Bahn die Preise für viele Kunden verdoppelt.

Diesen vergessenen Skandal will Junge-Reyer jetzt rückgängig machen. Das ist löblich. Doch die vorsichtige Wortwahl der Senatorin macht misstrauisch. Sie will vor allem mit dem Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg reden. Allein das muss sie gar nicht. Der VBB ist ein Dachverband mit wenig Macht, der die Absprachen zwischen Verkehrsbetrieben der Region koordiniert – und sich seit je für attraktive Angebote starkmacht. Die harten Brocken sind die großen Unternehmen BVG und S-Bahn, die eher die Bilanz im Blick haben als den Kunden. Ihnen müsste Junge-Reyer Druck machen – notfalls über andere politische Hebel als die Tarifgespräche.

Auch dass die Senatorin eine Verteuerung des reformierten Tickets nicht ausschließt, muss einen nachdenklich stimmen. Wem nutzt ein komfortabler Einzelfahrausweis, der – leider, leider – 3 Euro kostet? Spannend an Junge-Reyers Vorschlag ist also vor allem eines: wie viel von ihm übrigbleibt, wenn er durch die nächste Tarifverhandlungsmühle gedreht wird.