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Archiv-Artikel

Ver.di will Prostituierten helfen

MELDEPFLICHT In Hamburg garantiert die Gewerkschaft Rechtsschutz für SexarbeiterInnen, die gegen das neue Prostituiertenschutzgesetz klagen

„Das gesellschaftliche Stigma gegenüber der Prostitution wird manifestiert“

PETER BREMME, VER.DI

Die Gewerkschaft Ver.di in Hamburg sagt dem neuen Prostituiertenschutzgesetz dem Kampf an: Ver.di trete der geplanten Registrierung und Meldepflicht für SexarbeiterInnen, wie sie von der Bundesregierung beschlossen wurde, entschieden entgegen, sagt Peter Bremme, Leiter des Ver.di-Fachbereichs 13 „Besondere Dienstleistungen“. Ver.di biete gewerkschaftlich organisierten SexarbeiterInnen Rechtsschutz an, wenn sie gegen die Registrierung und Diskriminierung vor dem Arbeitsgericht klagen.

Hintergrund ist die Reform des Prostitutionsgesetzes, die die Bundesregierung im August beschlossen hat. Zukünftig soll Sexarbeit, die durch das Prostitutionsgesetz seit 2002 in Deutschland legalisiert ist, strenger reglementiert werden. Ein wichtiger Punkt der Reform: SexarbeiterInnen müssen sich künftig bei den Behörden anmelden. Auf der Basis eines „Nachweisdokumentes“ sollen sich dann Huren und Bordell-Betreiber auf eine Art Arbeitsvertrag einigen. So sollen die Frauen vor Ausbeutung und Wuchermieten durch den Betreiber der Prostitutionsstätte geschützt werden. Das reformierte Gesetz sieht auch ein Verbot von Flatrate-Sex und Gang-Bang-Partys vor. „Wir wollen dieses Gewerbe so behandeln wie jedes andere auch. Das kann kein rechtsfreier Raum bleiben“, sagte Bundesfrauenministerin Manuela Schwesig (SPD) zur Einführung.

„Das Gesetz erinnert an die Zwangsregistrierung von Prostituierten in der NS-Zeit“, sagt Bremme. „Mit der Meldepflicht für SexarbeiterInnen wird das gesellschaftliche Stigma gegenüber der Prostitution manifestiert.“ Sie bringe den Frauen weder Schutz noch beinhalte sie eine Verbesserung der sozialen und arbeitsrechtlichen Situation. „Eine Berufsgruppe, die aufgrund der Doppelmoral in unserer Gesellschaft schon mehrfach diskriminiert ist, darf mit der geplanten Meldepflicht nicht noch weiter ausgegrenzt werden“, sagt die Sozialwissenschaftlerin Emilija Mitrovic von „Ratschlag Prostitution Hamburg“ und Leiterin des ehemaligen Ver.di-Projekts „Arbeitsplatz Prostitution“. Diese Umsetzung der Meldepflicht hätte enorme Konsequenzen für die freie Wahl des Arbeitsplatzes von SexarbeiterInnen.

So sieht es auch manche Sexarbeiterin: „Die Maßnahmen sind eher dazu geeignet, die Gesellschaft vor der Prostitution zu schützen als uns vor Diskriminierung, schlechten Arbeitsbedingungen oder Ausbeutung“, sagt Undine de Rivière vom Bundesverband erotische und sexuelle Dienstleistungen (BesD), die in Hamburg in einem Sado-Maso-Studio sexuelle Dienstleistungen anbietet. Der BesD befürchte außerdem die Schließung zahlreicher Arbeitsstätten mit guten Arbeitsbedingungen aufgrund willkürlich und realitätsfern verhängter Auflagen, so Rivière.

Um das zu verhindern, bietet Ver.di-Hamburg Unterstützung an. „Wir werden unsere Ver.di-Mitglieder auf jeden Fall arbeitsrechtlich unterstützen, wenn sie gegen diese Diskriminierung in ihrer Berufstätigkeit vorgehen wollen“, sagt Bremme. Natürlich sei dies im jetzigen Stadium vor allem ein politisches Signal, ergänzt Mitrovic. „Doch wenn sich eine Frau durchringen kann zu klagen, bekommt sie Rechtsschutz und alle Unterstützung.“KAI VON APPEN