: Warten auf die Koranerklärung
Die Ansprechpartner stehen in den Startlöchern, doch einen islamischen Religionsunterricht wird es vorerst in NRW nicht geben. Selbst das geplante Modellprojekt lässt auf sich warten
VON NATALIE WIESMANN
Muslimische SchülerInnen in NRW müssen noch lange auf einen eigenen Religionsunterricht warten. Dabei wurde das angeblich größte Hindernis gerade abgebaut. Die vier führenden muslimischen Verbände haben diese Woche in Köln einen Koordinierungsrat gegründet, der als zentraler Ansprechpartner für die Politik fungieren soll – ein Akt, der auch unter der rot-grünen Landesregierung schon zur Bedingung gemacht worden war. Der Sprecher des Koordinierungsrates äußert sich etwa zur Haltung der Muslime zur Imam-Ausbildung, zum Schächten von Tieren und eben auch zum islamischen Religionsunterricht.
Landesintegrationsminister Armin Laschet (CDU) dämpfte nach dem Zusammenschluss die Erwartungen der Verbände. Die Einführung des Islamunterrichts sei „keine politische, sondern eine rechtliche Frage“, sagte er der WAZ. „Dafür muss die Religionsgemeinschaft als Körperschaft des öffentlichen Rechts anerkannt werden.“ Bereits seit 1999 wird an 120 Schulen in NRW Islamkunde in deutscher Sprache angeboten. Im Gegensatz dazu existiert der bekenntnisorientierte islamische Unterricht – vergleichbar mit dem katholischen und evangelischen – in Deutschland noch nicht. Seit Jahren fordern Muslime seine Einführung.
„Was Laschet behauptet, ist falsch, das kann er sich als Integrationsminister nicht erlauben“, echauffiert sich Mounir Azzaoui, Mitbegründer des muslimischen Arbeitskreises beim NRW-Landesverband der Grünen und bis vor kurzem noch Sprecher des Zentralrats der Muslime. Es sei im Grundgesetz geregelt, dass auch Religionsgemeinschaften ein Recht auf eigenen Unterricht haben, sagt er. „Das ist symptomatisch für Laschets Politik. Er gibt vor, die Muslime zu vertreten, ist aber nicht informiert“, moniert Mounir Azzaoui.
Tatsächlich hat sich das Ministerium zunächst geirrt. Denn es bedarf nach Grundgesetz Artikel 7 nur einer „Religionsgemeinschaft“, um einen Unterricht einzuführen. „Aber auch bei dieser ist nicht klar, wie sie sich eingrenzen lässt“, sagt Laschet-Sprecherin Barbara Löcherbach. Da man aus dem Islam nicht austreten könne und nur ein kleiner Teil der Muslime in Verbänden organisiert sei, könne man nie wissen, ob sich alle vertreten fühlten. Denn, so heißt es im Grundgesetz, „die Religionsgemeinschaft bestimmt die Inhalte des Unterrichts“.
Das ist wohl auch der Grund, warum die Landesregierung den Islamunterricht erst in Köln und Duisburg als Modellprojekt laufen lassen will. Dort soll sich eine überschaubare Zahl an Moscheegemeinden zu einem „Schura“ zusammentun und mit der Landesregierung die Inhalte eines Unterrichts ausarbeiten. Sollte der Versuch auf genügend Resonanz stoßen, soll das Fach ausgebaut werden. Wann das Projekt startet, ist allerdings noch unklar. „Das wissen wir nicht“, sagt Jörg Harm, Sprecher des Schulministeriums. Ebenso wenig wisse er, an wie vielen Schulen und für welche Altersklasse das Angebot geschaffen werde. Dazu seien noch viele Gespräche auch mit den Moscheegemeinden vor Ort notwendig.
Doch diese fühlen sich überfordert, würden lieber Vertreter der Dachverbände daran arbeiten lassen. „Das ist eine Menge Arbeit, die ehrenamtlich gar nicht zu machen ist“, sagt Özay Karabulut, Sprecher der 18 DITIB-Gemeinden in NRW. Die „Türkisch-islamische Union der Anstalt für Religion“ hätte an der Spitze Leute, die auf Augenhöhe mit der Landesregierung verhandeln könnten, so ihr Sprecher Karabulut.