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Archiv-Artikel

Klimaschützer werfen RWE Wortbruch vor

Weil RWE fünf alte Braunkohleblöcke zwei Jahre länger betreiben will, sehen Umweltschützer den Klimaschutz in Gefahr. Grüne: RWE hat Stilllegung schriftlich zugesagt. Landesregierung: Klimaschutzziele nicht gefährdet

DÜSSELDORF taz ■ Mit Empörung haben Umweltschützer und Grüne auf die Ankündigung von RWE reagiert, fünf Blöcke im Braunkohlekraftwerk Frimmersdorf bei Grevenbroich erst 2009 abzuschalten. „Das ist Wortbruch“, kritisiert der grüne Landtagsabgeordnete Reiner Priggen. „RWE hat mehrfach schriftlich zugesagt, für den Neubau von Braunkohlekraftwerken alte abzuschalten.“ Kohlegegner vor Ort fürchten jetzt die Folgen für Umwelt und Klima. „Wenn neue Kraftwerke gebaut, aber keine alten abgeschaltet werden, dann nehmen die Kohlendioxid-Emissionen noch zu“, sagt Helmut Spahn von der Pulheimer Initiative „Leben ohne Braunkohle“.

Ursprünglich wollte der Essener Energiekonzern RWE die fünf Blöcke in Frimmersdorf in diesem Jahr abschalten. Der Emissionshandel habe die Rahmenbedingungen jedoch verändert, argumentiert RWE. Es bleibe aber dabei, dass die Blöcke stillgelegt werden, wenn 2009 in Neurath ein neues, modernes Kraftwerk mit „optimierter Anlagentechnik“ in Betrieb genommen wird.

Die Braunkohlekraftwerke in Frimmersdorf sind nach einer Studie des World Wide Fund For Nature (WWF) die ineffizientesten und damit klimaschädlichsten ihrer Art in Deutschland. Die Anlagen stammen teilweise aus den 1950er Jahren. „RWE hat keinen Plan für eine angemessene Energiepolitik“, kritisiert WWF-Energieexperte Matthias Kopp. Mit der längeren Laufzeit für die Frimmersdorfer Blöcke versuche RWE nur, den Kompromiss zum Emissionshandel noch zu Fall zu bringen, auf den sich kürzlich die große Koalition in Berlin geeinigt hat. Dieser wird von den großen Energiekonzernen als braunkohlefeindlich kritisiert. „RWE will Druck machen, damit die Braunkohle besonders behandelt wird“, vermutet Kopp.

Auf genau diesen Energiekompromiss setzt die Landesregierung. „Ich hoffe, dass durch die Neuregelung der wirtschaftliche Druck auf die Betreiber von Altanlagen so stark wird, dass sie doch eher abschalten als geplant“, sagt NRW-Wirtschaftsministerin Christa Thoben (CDU). Zuvor hatte auch Europaminister Michael Breuer (CDU) RWE kritisiert: Es sei wichtig, „möglichst schnell zu CO2-reduzierten Braunkohlekraftwerken zu kommen“. Rechtlich könne man aber nichts gegen RWE unternehmen, hieß es aus dem Wirtschaftsministerium. Auch die Klimaziele der Landesregierung seien durch das spätere Abschalten der Frimmersdorfer Blöcke nicht gefährdet. Die Landesregierung sei immer von 2009 als Enddatum ausgegangen. Thoben hatte 2005 angekündigt, bis 2012 jährlich rund 13,8 Millionen Tonnen Kohlendioxid einzusparen, was elf Prozent weniger CO2 entspricht.

Umweltschützer fürchten dagegen, dass NRW auch künftig den Klimaschutz unterläuft. „Die Klimaziele sind nicht zu halten in Nordrhein-Westfalen“, sagt Helmut Spahn von „Leben ohne Braunkohle“. Selbst Bundeskanzlerin Merkel fordere mittlerweile 20 Prozent weniger CO2 bis 2020. Auch mit neuen, effizienteren Braunkohleanlagen sei das nicht zu schaffen. Nötig seien dezentrale Kraftwerke und ein Ausstieg aus der Braunkohle. Denn einmal errichtet, stehe ein Braunkohlekraftwerk vierzig Jahre, rechnet Dorothea Schubert vom Bund für Umwelt und Naturschutz vor. Weitere Modernisierungen seien für diesen Zeitraum nicht möglich. „Wenn alle Braunkohlekraftwerke wie vorgesehen erneuert werden, ist irgendwann ein neuer Tagebau fällig“, warnt sie außerdem.

Die Grünen fordern jetzt, grundsätzlich keine neuen Blöcke mehr zu genehmigen, wenn dafür keine alten stillgelegt werden. „Bei RWE helfen nur klare gesetzliche Regelungen“, sagt Priggen. DIRK ECKERT