: Der Dissident mit kahlem Kopf
El Estudiante“ war der Spitzname von Juan Wilfredo Soto García in den Straßen von Santa Clara. In den frühen Morgenstunden vom Sonntag starb der 46-jährige kubanische Dissident auf der Intensivstation des Krankenhauses Arnaldo Milián Castro, und noch am gleichen Tag wurde der Leichnam des schwer herz- und nierenkranken Oppositionellen beigesetzt. Die Totenrede hielt der bekannteste Dissident der zentralkubanischen Stadt: Guillermo Fariñas. Der 48-Jährige, der im Dezember letzten Jahres den Sacharow-Preis des Europaparlaments erhalten hatte, machte in seiner Rede die Regierung in Havanna für den Tod des Oppositionellen verantwortlich.
Soto García sei am letzten Donnerstag von vier Polizisten auf dem zentralen Platz Santa Claras mit Schlagstöcken verprügelt worden. Erst, so Fariñas, hätten die Beamten seinen Ausweis kontrolliert und ihn dann aufgefordert, den Platz zu verlassen. Als er sich geweigert habe, hätten die Beamten auf Soto García eingeschlagen; wenig später sei er ins Hospital eingewiesen worden. Die Schläge, viele in die Nierengegend, seien der Grund für den Tod gewesen, klagte Fariñas. Als offizielle Todesursache wird hingegen eine Entzündung der Bauchspeicheldrüse und ein daraus resultierender Atemstillstand angegeben.
In Kubas Dissidentenkreisen ist Juan Wilfredo Soto García kein Unbekannter. Zweimal saß er wegen „feindlicher Propaganda“ für insgesamt zwölf Jahre im Gefängnis. Seine Arbeit in der oppositionellen „Koalition des Zentrums“ war dafür der Grund. Zudem war der massige Mann mit dem kahlgeschorenen Kopf und dem breiten Schnauzer Mitglied des „Vereinten antitotalitären Forums“ Santa Claras. Die Organisation forderte genauso wie Guillermo Fariñas eine unabhängige Untersuchung und die Verurteilung der beteiligten Polizisten.
Politisch machte Fariñas hingegen die Regierung in Havanna verantwortlich. Staatschef Rául Castro habe gerade erst versichert, man werde der Opposition nicht die Straße überlassen – Soto García sei das erste Opfer. Gemeinsam mit weiteren 80 Dissidenten kündigte Fariñas einen Hungerstreik an, wenn bis zum 26. Juli die beteiligten Polizisten nicht zur Verantwortung gezogen werden würden. KNUT HENKEL