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Ein echter Park für die Bürger

Auf der Laskerwiese am Ostkreuz entsteht ein neuer öffentlicher Park. Um seine Pflege kümmert sich ein Verein. Dessen Mitglieder pflanzen zudem auf kleinen Parzellen Gemüse für den täglichen Bedarf

VON STEFAN OTTO

Der Boden ist knochentrocken und fast steinhart. Gerlinde Parchmann braucht eine Motorfräse, um die Erde aufzulockern – eine übliche Vorarbeit, wenn man Rasen aussäen will. Auf der Laskerwiese am Ostkreuz entsteht ein neuer Park. Das Projekt ist ein Experiment: Der Verein Bürgergarten Laskerwiese, dessen Mitglied Parchmann ist, kümmert sich in Eigenregie um die Bepflanzung und die Pflege der öffentlichen Grünfläche. Zudem gibt es 35 Parzellen, die die Mitglieder bewirtschaften. Auf den zehn bis zwölf Quadratmeter großen Grundstücken kann jeder anbauen, was er will: von Radieschen und Möhren bis hin zu exotischen Pflanzen wie dem Aztekensüßkraut und brasilianischem Samtpfirsich. Die Nutzung ist umsonst. Ende Oktober vergangenen Jahres hat der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg das 3.650 Quadratmeter umfassende Gelände dem Verein überlassen. Am Wochenende gings’s los.

Ins Rollen kam die Idee vor zwei Jahren, als die Stiftung Interkultur auf der Suche nach einem passenden Gelände für einen Gemeinschaftsgarten war und auf die Laskerwiese unweit des Markgrafendamms aufmerksam wurde. Nach und nach fanden sich weitere Mitstreiter für das Projekt, darunter auch im Gartenbau erfahrene Leute – sie gründeten den Verein.

Beim Bezirk stieß der Vorschlag, aus der Brache einen Park mit Gärten zu errichten, auf Zustimmung, berichtet Franz Schulz, grüner Bürgermeister von Friedrichshain-Kreuzberg. „Allerdings war es nicht einfach, für das Projekt Mittel zu organisieren.“ Doch als die Handelskette Lidl auf dem Gelände nebenan einen Markt errichtete, musste der Discounter für die Grünflächenversiegelung einen Ausgleich zahlen. Mit diesem Geld wurde der Park finanziert. Lidl baute zudem eine Zisterne, die den Park mit Regenwasser zum Gießen versorgt. Wenn es denn einmal wieder ergiebig regnet; im Moment ist das Wasserreservoir fast leer.

Ebenso knapp sind die Gelder für das Projekt bemessen. Im Boden befanden sich Altlasten, die oberste Erdschicht musste ausgetauscht werden. „Das verschlang 60.000 Euro vom Etat“, erzählt Frauke Hehl, die Vorsitzende des Vereins. Für die Erdarbeiten und den Wegebau hat der Bezirk eine Firma beauftragt, alles Weitere wird selbst gemacht.

Alle zwei Wochen treffen sich die bisher rund 25 Hobbygärtner jetzt zum Arbeitseinsatz. Noch sieht es auf dem Gelände sehr öde aus – ein Garten muss halt wachsen. Wer aber genau hinsieht, der bemerkt, dass hier kein 08/15-Park entsteht. Am Gitter des Bolzplatzes ranken Weinreben und Kiwipflanzen, Obstbäume säumen die vom Park abgegrenzten Gemeinschaftsgärten. Wege mit Mulch ziehen ein Netz durch das Areal und trennen die Parzellen ab.

Die können Vereinsmitglieder nach eigenen Wünschen bepflanzen. Die Gartenfreunde hoffen natürlich darauf, dass ihre Mühe respektiert wird und sie das angepflanzte Gemüse auch ernten können. „Nicht nur für den Bezirk ist das ein Experiment, sondern auch für uns“, befindet Frauke Hehl.

Franz Schulz hatte vor allem Bedenken, dass das Interesse am Gärtnern nur vorübergehend sein könnte. Er legte in den Verhandlungen Wert darauf, den Garten notfalls wieder in einen herkömmlichen Park zurückbauen zu können. Dass das Engagement nachlässt, glaubt Frauke Hehl nicht: Noch immer würden neue Mitglieder im Verein aufgenommen. Und: „Durch den Bodenaustausch hat sich das Projekt bereits um fast ein Jahr verzögert, aber die Leute sind dabeigeblieben“, berichtet sie.

Infos unter Tel. (01 51) 15 35 24 90 (Frauke Hehl)

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