Ein Engpass für reisende Fische

Gericht: Zusammenhang zwischen dem Bau der Öresundbrücke und sinkender Population nicht beweisbar

STOCKHOLM taz ■ Dieser Tage entscheidet sich, ob die Brücke über den Belt zwischen Fehmarn und der dänischen Insel Lolland gebaut wird. Nachdem sich die Verkehrsminister der beiden Länder Ende Februar im Prinzip geeinigt hatten, steht nur noch die Zustimmung Dänemarks zu dem von Deutschland ausgearbeiteten Finanzierungskonzept aus. Heute wollen sich die Brückengegner treffen, um zu sondieren, ob sich der Bau noch verhindern lässt. Eine aktuelle Entscheidung des schwedischen Umweltgerichts in Växjö dürfte ihnen einen Rückschlag verpassen: Die Richter verneinten, dass die umstrittene Öresundbrücke eine nachweisbar negative Auswirkung auf den Fischbestand gehabt habe.

Die Brücke zwischen Kopenhagen und Malmö gilt als Modell für die geplante Fehmarnbeltquerung. Seit sie in Betrieb genommen wurde, wird vor schwedischen Gerichten gestritten, ob sie jemals hätte gebaut werden dürfen. Der Konflikt entzündet sich an der Frage, ob die Pfeiler der Brücke die Wasserströme und Fischwanderungen in und aus der Ostsee ernsthaft beeinträchtigen und damit den Bestand ganzer Arten gefährden.

Das für den Bau verantwortliche Konsortium hatte argumentiert, es habe die Einschränkungen durch die Pfeiler durch die künstliche Vertiefung des Sundes an mehreren Stellen wieder ausgeglichen.

Die Fischereibehörde Fiskeriverket hielt dagegen, der Aalbestand im Einzugsbereich der Ostsee habe sich verringert. Grund dafür seien vor allem die Bauarbeiten von 1996 bis 1999. Die dabei aufgewirbelten Bodensegmente hätten die Wanderung von 40 Millionen Glasaalen vom Saragossameer in die Ostsee behindert. Bis heute habe sich der Bestand nicht davon erholt.

Fiskeriverket hatte das Konsortium deshalb auf Schadenersatz für die Fischer verklagt. Zudem wollte die Behörde die Unternehmen dazu verpflichten lassen, die Aussetzung von Jungaalen zu finanzieren.

Das Gericht wies das ab. Der Rückgang des Aalbestandes könne auch andere Ursachen haben wie Überfischung oder eine andere Intensität des Golfstroms.

Fiskeriverket-Generaldirektor Axel Wenblad will prüfen, ob er in die Revision geht. Das Umweltgericht habe nicht berücksichtigt, dass die Zahl der Aale in dem entscheidenden Zeitraum in Resteuropa keineswegs vergleichbar zurückgegangen sei. Im Prinzip sei der Öresund sowieso schon ein echter Engpass. Seit dem Brückenbau schwanke der Zufluss salzhaltigen und sauerstoffreichen Wassers in die Ostsee noch um 0,5 Prozent mehr als vorher. Das störe vor allem die Reproduktion des Dorsches. Dessen Eier brauchen einen bestimmten Salz- und Sauerstoffgehalt des Wassers. Da gerade die ausreichend salzhaltigen Gewässerschichten in der Ostsee unter Sauerstoffarmut leiden, könne eine auch nur minimale Blockade die notwendige Balance stören. Allerdings ist das Problem nicht, diese biologischen Zusammenhänge zu belegen, sondern vor Gericht den Kausalbeweis zu erbringen, dass die Brücke die Ursache für das gestörte Gleichgewicht ist.

REINHARD WOLFF