: Eine unparteiische Stimme aus Nahost
Alan Johnston, 44, war drei Jahre lang BBC-Korrespondent in Gaza. Mitte März wurde er dort entführt, seitdem gab es keinen Hinweis auf sein Schicksal. Nun soll er ermordet worden sein FOTO: AP
Für den britischen Sender BBC wäre es ein herber Verlust. Denn Alan Johnston, von dem es vier Wochen lang kein Lebenszeichen gab, ist einer der wichtigsten Mitarbeiter des Senders im Nahen Osten. Am Sonntag behauptete eine palästinensische Gruppe, den 44-jährigen Journalisten in Gaza entführt und ermordet zu haben. Für Johnstons Freilassung war viel getan worden.
Seit drei Jahren war der erfahrene Auslandskorrespondent der BBC im Gaza-Streifen und berichtete als einziger westlicher Journalist ständig aus der spannungsreichen Region. Von dort lieferte er Berichte und Reportagen nach London, wo man seine unparteiische Nüchternheit schätzt. Auch einheimische Kollegen loben seine Kenntnis von Land und Leuten. Johnston habe viel für die Sache der Palästinenser getan, sagte der palästinensische Informationsminister Mustafa Barghuti.
Alan Johnston berichtete mit Vorliebe von dort, wo es gefährlich ist, so aus Afghanistan oder Usbekistan. Der in Tansania geborene Schotte arbeitete bereits in Kabul, bevor mit dem Sturz der Taliban zahlreiche Journalisten in das Land kamen. Mit seinen Reportagen gewann er renommierte Preise wie den Sony Radio Academy Award. Darüber hinaus arbeitete er als Chefreporter für den BBC World Service.
Über die Gefahr, als Ausländer in Gaza Opfer von Entführern zu werden, hat Alan Johnston selbst in seinen Reportagen berichtet. Aufgehalten hat ihn das nicht. Am 12. März wurde sein Auto verlassen an einer Straße in Gaza gefunden. Die Entführer hatten Johnstons Presseausweis als Spur zurückgelassen. Weiter nichts. Vier Wochen lang meldete sich niemand, um Lösegeld oder einen Gefangenenaustausch mit der prominenten Geisel zu fordern. Stattdessen machten Spekulationen die Runde, der Journalist sei von einem örtlichen Clan verschleppt worden, der kriminelle Verbindungen unterhält.
Die BBC richtete Appelle an die möglichen Entführer, andere Sender wie CNN und al-Dschasira schlossen sich an. Bis Ende vergangener Woche waren via Internet 30.000 Unterschriften auf einer Liste für Johnstons Freilassung zusammengekommen. Noch am Donnerstag hatte Johnstons Vater einen Brief an seinen Sohn verlesen. Graham Johnston, seine Frau und die Tochter hätten die Hoffnung nicht aufgegeben, hieß es. Vor Ort verurteilten die Führer von Fatah und Hamas die Tat und versprachen Hilfe.
Möglicherweise aber hat alles nichts genutzt. Seit Sonntag fürchten Verwandte und Freunde eine offizielle Bestätigung des Mordes. Es soll ein Video der Hinrichtung geben, sagen die Entführer.
CHRISTINE KEILHOLZ
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