Teures Leck im Leck

VERRAT Die Whistleblower-Plattform Wikileaks droht ihren Mitarbeitern mit Millionenstrafen

Es wirkt absurd: Während Wikileaks davon lebt, dass sensible Informationen an die Öffentlichkeit gelangen, scheint die Whistleblowing-Plattform selbst intern vieles daranzusetzen, undichte Stellen zu verhindern. Das zumindest legt ein Dokument nahe, das die Webseite des britischen Magazins New Statesman am Mittwoch veröffentlichte. Es handelt sich dabei um eine Schweigevereinbarung, die potenzielle Mitarbeiter der Plattform unterzeichnen. Und die bei „signifikanten Verstößen“ eine Strafe in Höhe von 12 Millionen britischen Pfund (ungefähr 14 Millionen Euro) androht.

Laut dem im Netz veröffentlichten Papier verpflichten sich Helfer der Seite, Stillschweigen über Dokumente und organisatorische Details der Whistleblowing-Plattform zu bewahren. Denn diese Informationen seien „Eigentum von Wikileaks“.

Damit sind nicht nur Dokumente gemeint, die der Plattform von außen zugespielt werden, sondern auch „jede Form von Kommunikation, inklusive E-Mails, schriftliche Korrespondenz, Besprechungsprotokolle, Informationen, die bei Besprechungen oder Diskussionen ausgetauscht wurden, und andere berichtenswerte Informationen“.

Datiert ist die Vereinbarung auf das Jahr 2010.

Aufhorchen lässt die Passage, in der die Whistleblowing-Plattform um ihren Mitgründer Julian Assange diese Maßnahme begründet: Wikileaks drohe bei Verstößen der „Verlust der Möglichkeit, die Informationen an andere Nachrichtenagenturen und Verlage zu verkaufen“ und der „Verlust des Wertes der Informationen“, so das Schweigeabkommen. Diese Hinweise auf eine monetäre Verwertung der Leaks sind erstaunlich. Denn bislang konnte Wikileaks nie zweifelsfrei nachgewiesen werden, dass die Plattform ihre Informationen und Dokumente tatsächlich gegen Geld an Medien verkauft hat – auch wenn es Gerüchte über entsprechende Deals gab, Wikileaks-Kopf Assange im Januar 2011 damit gedroht hatte, den Guardian für eine unauthorisierte Veröffentlichung zu verklagen, und es innerhalb der Organisation unterschiedliche Standpunkte zur monetären Verwertung der Informationen bestanden.

Derartige Vereinbarungen hätten nicht existiert, solange er bei Wikileaks gewesen sei, er habe ein Dokument dieser Art niemals unterzeichnet, sagt Daniel Domscheidt-Berg, Exsprecher der Plattform, der taz. Er hält das Dokument für echt. Es stelle die Lehre dar, die Wikileaks aus dem Ausstieg von ihm und anderen Mitarbeitern im September 2010 gezogen habe.

Wikileaks  selbst reagierte auf die Veröffentlichung bis Redaktionsschluss nicht.

MEIKE LAAFF