EU-Handelspolizei soll fremde Märkte öffnen

Mit „Marktzugangsteams“ will die EU ihren Export stärken. Dabei geraten auch die ärmsten Länder ins Visier

BRÜSSEL taz ■ Die Botschaft aus Brüssel in die weite Welt ist deutlich: Wer künftig nach Europa exportieren will, muss auch seine eigenen Märkte für europäische Waren und Dienstleistungen öffnen. Es scheint, als würde sich die EU-Kommission von den laufenden Verhandlungen in der Welthandelsrunde nicht mehr viel versprechen. Sie setzt nun darauf, die jetzt schon geltenden Regeln strenger anzuwenden und zum Beispiel Patentrechte gegenüber illegalen chinesischen Produktkopierern geltend zu machen. Regelverstöße sollen an den virtuellen Pranger gestellt und auf einer eigenen Internet-Seite gesammelt werden.

Der britische Handelskommissar Peter Mandelson geht damit in die Offensive. „Die europäischen Unternehmen brauchen wachsende Absatzmärkte im Ausland, um zu Hause Wachstum und Beschäftigung anzukurbeln,“ sagte er gestern. Den engen Schulterschluss mit der Industrie demonstrierte er, indem er bei der Pressekonferenz den Generalsekretär des europäischen Unternehmerverbandes, Philippe de Buck mit aufs Podium holte. Der lobte Mandelsons Ansatz und beförderte ihn „zum EU-Botschafter für Marktzugang“.

Mandelson will künftig mit den Unternehmen eng zusammenarbeiten. „Marktzugangsteams“ aus EU-Mitarbeitern, nationalen Delegierten und Industrievertretern sollen vor Ort die Handelsbedingungen im jeweiligen Land untersuchen. Dabei sollen nicht nur offensichtliche Handelsbarrieren wie Zölle geprüft werden. Es geht vor allem um verdeckte Hemmnisse wie bürokratische Auflagen, die erkannt werden sollen, „bevor sie in Kraft treten“. Eine Klage vor der WTO, so Mandelson, soll nur der letzte mögliche Schritt sein, wenn Gespräche und Appelle keine Wirkung zeigen. Wenn es die Kapazitäten erlauben, sollen nicht nur die großen Schwellenländer China und Brasilien, sondern auch die ärmsten Länder ins Visier der EU-Handelspolizei.

Mit ihrer neuen Welthandelsstrategie schlägt die EU einen Weg ein, vor dem Entwicklungsorganisationen schon lange warnen. Sollten die Beratungen im Rahmen der WTO nicht zu einem Ergebnis führen, könnten die reichen Industrienationen den schwächeren Partnern bilaterale Handelsabkommen aufdrücken, die sie deutlich schlechter stellen würden als die bislang geltenden WTO-Regeln.

DANIELA WEINGÄRTNER