Derwisch an den Tasten

In der Band von Son-Legende Ibrahím Ferrer hat sich Roberto Fonseca einen exzellenten Ruf am Piano erspielt. Heute greift der Jazz-Wunderknabe in der Fabrik in die Tasten und stellt sein neues Album vor

Der kleine kecke Hut, mal in edlem schwarzem Leder, mal in braunem Leinenstoff mit buntem Band, ist sein Markenzeichen. Und die Kopfbedeckung hat sicherlich ihren Teil dazu beigetragen, dass man Roberto Fonseca nicht so schnell vergisst. Weitaus wichtiger als die Hüte sind jedoch die Hände des 31-jährigen Pianisten. Die langen, kräftigen Finger streicheln die Tasten oft zärtlich, doch manchmal hämmern sie so nachdrücklich auf sie ein, dass man sich unweigerlich an einen Percussionisten erinnert fühlt. Und mit Trommeln kann der Pianist mit dem Aussehen eines Modells durchaus etwas anfangen, denn die allerersten musikalischen Gehversuche machte er als Siebenjähriger an den Congas.

An die setzt sich Fonseca heute jedoch nur noch, wenn er zu Ehren der Götter der Santería, der wohl wichtigsten Religion Kubas, spielt. Die Santeros, die Götter, sind es schließlich, die dem am Konservatorium ausgebildeten Vollblutmusiker die Inspiration liefern. Mit gerade 15 Jahren machte er erstmals auf sich aufmerksam. Beim Havanna Plaza Jazz Festival trat er auf und erntete den Respekt der internationalen Jazzwelt. Ein erster Achtungserfolg des Teenagers, dessen Eltern die Karriere der drei Söhne nach Kräften förderten. Das gilt nicht nur für den jüngsten Roberto, sondern auch für die älteren Brüder Jesús und Emilio Valdés. Die – einer Schlagzeuger, der andere Pianist – gehören genauso zu seinen Vorbildern wie die kubanischen Pianisten Chucho Valdés und Rubén González sowie der Kanadier Oscar Peterson.

Von Rubén González, einer der herausragenden Figuren des Buena Vista Social Club, hat sich Sonnyboy Roberto Fonseca so einiges abgeschaut. Seit 2001 gehörte er zum Lineup der Buena Vista Band und sperrte die Augen und Ohren auf. „Rubén beim Spielen zuzusehen war genauso ein Vergnügen gewesen wie mit Ibrahím Ferrer zusammenzuarbeiten“, so Fonseca inbrünstig. Genossen hat er es, von den „lebenden Legenden zu lernen“. Und zur Stimme vom Buena Vista Social Club, zu Ibrahím Ferrer, baute er mehr als eine freundschaftliche Beziehung auf. „Wie zwischen Großvater und Enkel ist es gewesen“, erklärt Fonseca. Deshalb bat Ibrahím Fonseca, sein letztes Bolero-Album zu arrangieren und zu produzieren. Für den selbstsicheren Pianisten und Komponisten war das Ehre und Herausforderung zugleich, aber kein Neuland, denn zuvor hatte er bereits mit dem Hip Hop-Duo Obsesión gearbeitet.

Derart unterschiedliche Einflüsse haben auch den Sound Fonsecas reifer und vielfältiger werden lassen. Jazz ist für den smarten Mann, der am Piano zum brodelnden Vulkan werden kann, die Basis. Und die lässt sich prächtig, wie auf „Zamazu“, dem neuen Album, zu hören, mit Sounds aus aller Welt fusionieren. In Brasilien war Fonseca mit Alê Siqueira und Carlinhos Brown im Studio, und in Barcelona hat er arabische Einflüsse aufgesogen.

Live liefert sich Fonseca mit Javier Zalba, einst Saxophonist bei Kubas legendärer Jazzkapelle Irakere, grandiose Duelle. Die gipfeln zumeist in der descarga, dem musikalischen Feuerwerk a la cubana. Und dann schnalzt Roberto Fonseca vor Vergnügen mit der Zunge. KNUT HENKEL

So, 22. 4., 21 Uhr, Fabrik, Barnerstraße 36