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Archiv-Artikel

Euroland soll schuldenfrei werden

Euro-Finanzminister einigen sich, dass sie spätestens ab 2010 schwarze Zahlen schreiben

BERLIN taz ■ Die Länder der Eurozone wollen schon 2010 keine neuen Schulden mehr machen. Das gab der Vorsitzende der Euro-Finanzminister, Jean-Claude Juncker, gestern am Rande des Finanzministertreffens „Ecofin“ bekannt. Die 13 Euro-Länder wollen die Extra-Einnahmen aus dem wirtschaftlichen Aufschwung dafür nutzen, ihre Defizite abzubauen.

„Jetzt muss der vorbeugende Arm des Stabilitäts- und Wachstumspakts greifen“, sagte Juncker. 2005 hatten die Euro-Finanzminister beschlossen, in wirtschaftlich schlechten Zeiten nicht streng durchzugreifen. Dafür versprachen sie, in guten Zeiten mehr für den Schuldenabbau zu tun. 2006 lag die jährliche Neuverschuldung in den Euro-Staaten im Schnitt bei 1,75 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP). Der Stabilitäts- und Wachstumspakt erlaubt neue Schulden bis zu 3 Prozent des BIP.

Der Beschluss seiner europäischen Kollegen dürfte Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) Argumente im Streit mit seinen deutschen Kabinettskollegen liefern. Die wollen entweder die Steuern senken wie Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) oder die Extra-Einnahmen für neue Projekte wie eine bessere Kinderbetreuung ausgeben. Steinbrück will das Defizit im Bundeshaushalt senken, sich aber nicht auf ein Zieldatum für die schwarze Null festlegen. Die europäischen Vorgaben für 2010 beziehen sich auf den gesamten Staatshaushalt, der die Budgets von Bund, Ländern, Kommunen und Sozialversicherungen zusammenfasst. Die Gewerkschaften kritisierten gestern das Vorhaben der Euro-Finanzminister als zu unflexibel.

Im Vorfeld des „Alternativen Ecofin“, den Gewerkschaften, Umwelt- und Entwicklungsorganisationen an diesem Wochenende in Berlin veranstalten, sagte IG-Metall-Vorstandsmitglied Margit Köppen: „In dieser Starrheit können wir das nicht mittragen.“ Die öffentlichen Haushalte in Europa müssten handlungsfähig bleiben – und in Sozialleistungen investieren können. „Europa leidet unter den Regeln des Stabilitäts- und Wachstumspakts“, so Köppen.

Auf dem „Alternativen Ecofin“, zu dem 300 Teilnehmer erwartet werden, will Köppen ihr Konzept eines „sozialen Stabilitätspakts für Europa“ vorstellen. Sie fordert EU-weite Regeln gegen Sozialdumping und eine Mindestlohnpolitik. NICOLAI FICHTNER