: Was im Gras drin ist
Vorsicht beim Marihuana-Kauf: Weil die Ware knapp ist, strecken Dealer den Stoff mit Sand, Plastik und Haarspray
Lange galt Marihuana als natürliche Droge, frei von Streckmitteln. Das hat sich in jüngster Zeit geändert. Der getrockneten Blüte der Cannabispflanze werden neuerdings Substanzen wie Talkum, Zucker, Plastik, Sand und kleine Steine beigemischt. Sogar Lack, Haarspray und Zucker werden aufgesprüht, um die Streckstoffe an die Blüten anzukleben. Davor warnt der „Deutsche Hanf Verband“.
Dealer des immer noch illegalen Stoffes wollen das Marihuana schwerer machen und damit mehr Geld verdienen. Georg Wurth vom Hanf-Verband sieht darin eine europaweite Erscheinung. Seine Erklärung: ein Engpass auf dem Marihuana Markt. „Der resultiert insbesondere aus der verstärkten Verfolgung in den Niederlanden, von wo aus praktisch der ganze europäische Markt beliefert wurde.“ In England zum Beispiel hat das Gesundheitsministerium bereits eine Warnung an die Bevölkerung herausgegeben wegen winziger Glassplitter, die für die Lunge schädlich sein können. Auch das luxemburgische Gesundheitsministerium warnt. In Frankreich ist es vermutlich bereits bei zwei Personen zu ernsthaften Atemwegserkrankungen gekommen.
„Bei starker Inhalation von Sand oder fein zermahlenem Glas kann es zu einem langfristigen Entzündungsprozess in der Lunge kommen“, sagt Dieter Köhler, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie. Georg Wurth ruft daher nach staatlicher Hilfe: „Es wäre unser Wunsch, dass sich die Regierung damit auseinandersetzt, was da im Gras drin ist.“ Um die Kiffer zu schützen, hat der Hanfverband einen Protestmailer eingerichtet (http://hanfverband.de/protestmailer). Die Bundesregierung wird hier nicht nur aufgefordert, das gestreckte Gras zu untersuchen, sondern auch öffentliche Stellen zu schaffen, bei denen Konsumenten das Marihuana auf mögliche Beimischungen prüfen lassen können.
Sabine Bätzing, Drogenbeauftragte der Bundesregierung, wirkt etwas ratlos: Sie wusste nichts von der neuen Entwicklung in ihrem Fachgebiet, bis der Verband ihr schrieb. Auch das Bundeskriminalamt hat bis heute keine Erkenntnisse darüber, dass Marihuana überhaupt gestreckt angeboten wird. Sabine Bätzing beteuert, dass sie das ihr noch wenig vertraute Problem ernst nehme. Was sie allerdings unternehmen will, um Konsumenten zu schützen, verrät sie nicht: „Wir kommen als Staat in eine schwierige Situation, wenn wir sagen, wir prüfen diese illegale Substanz, weil das dann einer Unbedenklichkeitserklärung gleichkäme.“ Pech für die rund zwei Millionen deutschen Kiffer. Georg Wurth rät den Konsumenten, ihren Stoff selbst auf Reinheit zu prüfen: „Man sollte das Marihuana anschauen, ob irgendwelche Anhaftungen daran sind, und es über einem Blatt ausschütteln. Man kann es auch in den Mund nehmen und schauen, ob es knirscht.“ Was bleibt, ist ein ekliger Nachgeschmack.
ROBERT ACKERMANN